Es gibt Menschen, die würden sagen, dass Sebastian Rudy sein Schicksal herausgefordert hat.
Wie bei Rudy alles schief lief
Nach seinem Wechsel zu Schalke 04 entschied sich der 29-Jährige im vergangenen Sommer für die Trikotnummer 13. Wer an Triskaidekaphobie leidet, der dürfte schon damals Übles geahnt haben - schließlich meiden Menschen mit der irrationalen Furcht vor der Zahl 13 nicht grundlos sogar Sitzplätze und Gebäude-Stockwerke mit dieser vermeintlichen Unglückszahl.
Aus rein sportlicher Sicht war im August 2018 jedoch nicht absehbar, dass es mit Rudy auf Schalke so schnell abwärts gehen würde.
Rudy von Schalke zurück nach Hoffenheim
So schnell sogar, dass seine Zeit in Königsblau nun - zumindest vorerst - beendet ist. Am Mittwochnachmittag twitterte die TSG Hoffenheim bereits ein Bild ihres Rückkehrers in seinem neuen, alten Vereinsdress. Wenige Stunden später kam auch die offizielle Meldung: Rudy wechselt bis zum Ende der Saison auf Leihbasis zurück in den Kraichgau.
"Die vergangene Saison verlief nicht optimal für mich, umso motivierter bin ich, hier an alter Wirkungsstätte wieder zur alten Stärke zurückzufinden", wird Rudy auf der Website der TSG zitiert. "Die Voraussetzungen dafür sind bei der TSG nahezu perfekt. Ich kenne die Menschen bei der TSG und die Bedingungen im Klub und weiß, dass auch ich und meine Art Fußball zu spielen hier geschätzt werden."
Die Aussagen sind nicht nur bemerkenswert, weil der variabel einsetzbare Abwehr- und Mittelfeldspieler vor nicht einmal einem Jahr für stolze 16 Millionen Euro als neuer Hoffnungsträger vom FC Bayern nach Gelsenkirchen wechselte - sondern auch wegen einer eigentlich eindeutigen Aussage, die gerade einmal zwei Monate alt ist.
"Ich werde in der kommenden Saison auf jeden Fall für Schalke auflaufen - das kann ich Ihnen versichern", hatte Rudy bei Goal gesagt: "Gerade nach einer solchen Spielzeit will und kann man sich nicht einfach verabschieden."
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Nun will er eben doch. Und so richtig verdenken kann man es ihm nicht.
Pechvogel bei WM 2018 gegen Schweden
Rückblick: Im Sommer 2018 ist Rudy noch eine feste Größe im DFB-Team von Joachim Löw. Im Sommer 2017 ist er Confed-Cup-Sieger geworden, gehört zum Kader für die WM in Russland - und steht im zweiten Gruppenspiel gegen Schweden in der Startelf. Und vielleicht nimmt das Unglück schon in jenem Spiel seinen Lauf.
Nach nicht einmal einer halben Stunde bricht sich Rudy im Duell mit Ola Toivonen die Nase, muss sich einem kleinen operativen Eingriff an der Nase unterziehen und verpasst das folgenschwere letzte Gruppenspiel gegen Südkorea.
"Schade für ihn und für uns, dass er so früh runter musste", klagte Nationalmannschaftskollege Joshua Kimmich damals - und lobte: "Er gibt uns eine Ballsicherheit und Ruhe im Spiel mit dem Ball."
Heidel holt Rudy vom FC Bayern zu Schalke 04
Genau das dürften sich einige Wochen später auch die Schalker Verantwortlichen um den damaligen Sportvorstand Christian Heidel versprochen haben. Denn auch wenn Rudy beim FC Bayern nie uneingeschränkter Stammspieler war - 35 Pflichtspieleinsätze beim Rekordmeister bekommt man eben auch nicht geschenkt.
Überhaupt war es für Rudy ja eigentlich immer nur bergauf gegangen: Aus der Jugend des VfB Stuttgart zum Bundesliga-Profi. 2010 der Wechsel zur TSG Hoffenheim, dort irgendwann sogar Kapitän, ab 2014 zudem Nationalspieler.
Egal, ob im defensiven Mittelfeld, als Rechtsverteidiger, oder ab und zu im rechten Mittelfeld - Rudy spielte nie spektakulär, aber beständig gut.
Nach einer herausragenden Saison 2016/17 mit zwei Toren und starken neun Assists nutzte der FC Bayern die Gunst der Stunde und griff ablösefrei zu. Manch einer befürchtete, Rudy würde im Münchner Starensemble untergehen - aber er fand auch dort seinen Platz, trug seinen Teil zum Meistertitel 2018 bei.
Der Karriereknick kam erst auf Schalke.
Keine Torbeteiligung für Rudy bei Schalke 04
Vielleicht lag es daran, dass Rudy ohne Vorbereitungszeit erst nach dem Bundesliga-Auftakt zu seinen neuen Kollegen stieß. Womöglich daran, dass ihm die Umgewöhnung von der bayerischen Dominanz auf dem Platz zum Schalker Spielstil auch deshalb schwerer fiel als erwartet. Vielleicht war er auch einfach zur falschen Zeit am falschen Ort - genau in der Saison, als aus dem Vizemeister Schalke 04 ein Beinahe-Absteiger wurde.
"Wenn man mit hohen Erwartungen vom FC Bayern kommt, dann aber Probleme hat, und die komplette Saison schlecht läuft, ist man der prädestinierte Sündenbock", gestand Rudy bei Goal. Die "Fans und die Atmosphäre", auf die er sich bei seiner Vorstellung noch so gefreut hatte, sie wurden zunehmend zur Belastung. Für die Mannschaft, aber auch für Rudy persönlich.
Immerhin 21 Mal stand er für Schalke in der Bundesliga auf dem Platz, allerdings nur neun Mal über die gesamten 90 Minuten. Eine Torbeteiligung gelang ihm dabei nicht. Auch nicht in vier Champions-League- und drei Pokal-Einsätzen.
Tiefpunkt im Spiel beim FC Bayern
Der traurige Tiefpunkt seiner Zeit bei den Knappen: als er beim 1:3 bei seinem Ex-Klub in München bereits nach 33 Minuten ausgewechselt wurde.
"Das war keine Entscheidung gegen Rudy, sondern für Mascarell", erklärte Schalke-Coach Domenico Tedesco seine Reaktion nach dem Gegentor zum 1:2: "Die Begründung ist nicht, dass Basti schlecht war, sondern es war eine individualtaktische Entscheidung."
Deutlicher wurde der damalige S04-Sportvorstand Christian Heidel: "Das ist anderen auch schon passiert, da muss er einfach besser Fußball spielen." Die Chance dazu bekommt er auf Schalke auch unter dem neuen Trainer David Wagner nicht. Das wurde spätestens klar, als Rudy zuletzt im Test gegen Bologna bis zur 89. Minute auf der Bank schmorte.
Es wäre ihm zu wünschen, dass er in altgewohnter Umgebung bei der TSG Hoffenheim zurück zu alter Stärke findet. In einem weniger aufgeregten Umfeld. Ohne die Bürde, der 16 Millionen Euro teure Hoffnungsträger sein zu müssen.
Eine neue Rückennummer wäre vielleicht der richtige Anfang. Die 13 ist ohnehin schon an Leonardo Bittencourt vergeben.