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Deniz Aytekin über den Leistungstest der Schiedsrichter und seinen DJ-Auftritt

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Deniz Aytekin über den Leistungstest der Schiedsrichter und seinen DJ-Auftritt

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So tickt Schiedsrichter Aytekin

Im Interview mit SPORT1 erklärt Deniz Aytekin seinen verpatzten Leistungstest der Schiedsrichter und spricht über den Videobeweis sowie seinen DJ-Auftritt.
Deniz Aytekin sorgte mit einem Aufritt als DJ bei einem Festival für Aufsehen. Bei SPORT1 spricht der Bundesliga-Schiedsrichter über seine zweite Leidenschaft.
von Stefan Kumberger

Der Schiedsrichter des Jahres ist im Test durchgefallen. Deniz Aytekin musste am Dienstag die von der FIFA vorgeschriebene Leistungsprüfung der Schiedsrichter angeschlagen abbrechen.

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Trotzdem gibt sich der 40 Jahre alte Unparteiische zuversichtlich. "Nicht geschafft ist so eine Sache, ich kann darüber nur schmunzeln", sagte Aytekin im Gespräch mit SPORT1. Die Referees haben die Möglichkeit, die Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen.

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Im Interview mit SPORT1 erklärt Aytekin, warum er die Prüfung nicht bestanden hat. Außerdem spricht sich der Schiedsrichter für den Videobeweis aus und gibt Einblick in seine DJ-Tätigkeit.

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Aytekin: "Am Ende sind wir ganz normale Menschen"

SPORT1: Herr Aytekin, Sie wurden als Schiedsrichter des Jahres ausgezeichnet. Als Referee geht man ja nie als Sieger vom Platz. Wie fühlt sich das an, wenn man auch mal Anerkennung erfährt?

Deniz Aytekin: In der Tat erfüllt es uns im Team mit Glück und Stolz, da es für uns die höchste Auszeichnung ist, die wir erreichen können. Wir gewinnen ja üblicherweise nicht nach dem Spiel, insofern ist das für uns schon etwas ganz Besonderes.

SPORT1: Ist diese Auszeichnung etwas, auf das man schielt oder was man sich als Ziel setzt?

Aytekin: Ich habe mit einem langjährigen Schiedsrichterkollegen geschrieben, einem sehr guten Freund, mit dem ich Alter von 17 Jahren angefangen hatte. Er hat gesagt: "Es ist unglaublich, wer hätte das gedacht." Sowas kann man nicht planen, es ist eine ganze besondere Auszeichnung, wo viele Faktoren zusammenkommen müssen. Ich denke, wir haben das in den letzten Jahren im Team mit Christian Dietz und Eduard Beitinger wirklich sehr gut gemacht. Wir hatten natürlich in der einen oder anderen Szene Glück, aber im Gesamtpaket ist es eine Sache, auf die wir stolz sein können.

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SPORT1: Man versucht als Schiedsrichter ja immer dieses Glück auszuschließen. Schließlich soll ja immer das Können oder das genaue Auge herausstechen. Was macht ein Schiedsrichter in der Sommerpause dafür?

Aytekin: In der Sommerpause versuchen wir wie jeder andere Mensch abzuschalten. Am Ende sind wir ganz normale Menschen, die Sorgen, Nöte aber auch sehr viele Leidenschaften haben. Die freie Zeit nutzt man dafür soweit wie möglich von Fußball wegzukommen, damit man gedanklich für kurze Zeit mal ganz woanders ist. Das versuche ich auch sehr konsequent einzuhalten. Das ist dann auch eine gewisse Entspannung, die man sich gönnt.

"Ich mache seit Jahren für mich Elektromusik"

SPORT1: Es sind Social-Media-Videos von Ihnen aufgetaucht, in denen Sie als DJ auf der Bühne stehen. Ist das dann zum Beispiel die große Entspannung für Sie?

Aytekin: Ich mache seit Jahren für mich Elektromusik. Das hat jetzt aber nichts mit einer DJ-Karriere zu tun, das war wirklich eine spontane Aktion. Ich war mit meiner Tochter bei Gestört aber GeiL und dann ergab sich die Situation, dass Steve Norton und ich ins Gespräch gekommen sind. Wir haben uns über Fußball unterhalten und das was er macht. Dann führte eins zum anderen und ich stand zusammen mit ihm auf der Bühne. Das war für mich eine sehr außergewöhnliche und positive Erfahrung, die jetzt medial etwas gehypt wurde, aber am Ende bin ich ja Leistungssportler und kein klassischer DJ.

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SPORT1: Wer ist schwieriger zu handeln: 80.000 in Dortmund oder 5.000 Musikfans?

Aytekin: Egal ob 80.000 in Dortmund oder wie jetzt in diesem Fall die Musikfans: Wenn man mit etwas beschäftigt ist, was einem sehr viel Freude und Leidenschaft bereitet, dann fokussiert man sich auch nur darauf. Ich habe einfach den Moment sehr genossen. Am Ende ist es auch eine Kunst. Es gibt so viele großartige DJs auf dieser Welt, die so eine wahnsinnige Leidenschaft vermitteln, und wenn man das erleben darf, ist das schon eine ganz besondere Sache.

SPORT1: Wann geht es bei Ihnen wieder im Kopf los mit dem Schiedsrichterwesen? Erst jetzt am Montag oder schon weit vorher?

Aytekin: Schon weit vorher, da die ganzen Trainingseinheiten und die ganze Arbeit parallel bereits laufen. Auch wenn man Freizeit hat, ist man täglich mit Training und auch Arbeit beschäftigt. Ich muss mich schließlich für die verschiedenen Lehrgänge des DFB und der UEFA vorbereiten. Ich habe mir eineinhalb Wochen Pausen gegeben und dann ging es ab Anfang Juni schon wieder los.

SPORT1: Zuletzt gab es medialen Wirbel, weil Sie als einer der besten Schiedsrichter Deutschlands den Leistungstest nicht geschafft haben: Wie ist sowas einzuschätzen?

Aytekin: "Nicht geschafft" ist so eine Sache, ich kann darüber nur schmunzeln. Jeder weiß, wie akribisch wir arbeiten. Wenn ein Spieler sich verletzt und nicht voll durchzieht, ist das ganz normal, und sowas kann auch bei uns Schiedsrichtern, in meinem Fall sogar einem Erfahrenen passieren. Dass es zusammen mit der Auszeichnung zum Schiedsrichter des Jahres fällt, wird natürlich noch mehr aufgegriffen. Aber das stört mich nicht, wir sind auch Menschen und können uns auch mal verletzen. Man kann nicht erwarten, dass wir auf Knopfdruck funktionieren. Ich war optimal vorbereitet, der Boden war halt nass, ich bin weggerutscht und es hat gezogen. Früher wäre ich noch komplett durchgegangen und hätte mir eine größere Verletzung geholt. So weiß ich, dass ich in zwei bis drei Wochen wieder fit bin, dann ist es obligatorisch den Test zu durchlaufen.

SPORT1: Es gibt ja Leute, die sagen, der beste Schiedsrichter des Jahres muss nicht vier Wochen bis zum nächsten Test warten, sondern kann diesen direkt wiederholen. Aber da Sie verletzt sind, ist das keine Option für Sie, oder?

Aytekin: Nein, absolut nicht. Ich habe in den letzten Tagen hier sehr intensiv mit dem Physio- und Ärzteteam gearbeitet. Ich mache große Fortschritte und es geht ganz schnell. Ich arbeite darauf hin, dass ich Ende Juli den Test bei der UEFA ablege. Diese Situation wirft mich nicht aus der Bahn, auch wenn in den Medien viel über meine Person geschrieben wird. Ich weiß ja, wie es tatsächlich ist, und das ist das Wichtigste.

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SPORT1: Jetzt müssen Sie ja ein paar Wochen warten: Ist zu befürchten, dass Sie den Saisonstart in der ersten Bundesliga verpassen?

Aytekin: Stand heute schließe ich das aus, dass ich beim Start nicht fit sein sollte. Ich bin überzeugt, dass es bis dahin ganz sicher funktionieren wird, da ich jetzt schon sehr weit bin. Es gibt dann punktuell schon mal den Gedanken, dass man doch noch schneller sein könnte. Man muss sich dann aber auch mal bremsen und schützen. Fakt ist, dass da eine Verletzung vorliegt. Wie jeder Spieler muss ich jetzt auf das grüne Signal vom Arzt warten. Das wird aber sicher in den nächsten Wochen passieren.

"Videobeweis macht Fußball fairer"

SPORT1: In den letzten Jahren war natürlich der Videoassistent das Dauerthema: Wie weit ist das deutsche Schiedsrichterwesen von der Perfektion entfernt?

Aytekin: Perfektion ist genau das richtige Stichwort. Perfektion wird insbesondere in Deutschland erwartet. Der Videoassistent ist eben neu und wir lernen bei jedem Spiel dazu, aber am Ende sitzen da immer noch Menschen. Auch in der neuen Saison werden trotz Bilder weiterhin Interpretationsfehler passieren. Aber generell hilft uns der Videobeweis ungemein. Die Leute, die den Videobeweis ablehnen, denken nicht zeitgemäß.

SPORT1: Haben Sie vielleicht den Eindruck, da Sie "zeitgemäß" angesprochen haben, dass viele Traditionalisten einfach ideologisch getrieben den Videobeweis verteufeln und gar nicht so wirklich auf die Vorteile achten wollen?

Aytekin: Ich möchte jetzt keine Stammtischparolen rausholen, aber es ist schon sehr leicht zu sagen, der Videobeweis macht den Fußball kaputt. Wir müssen einfach mal bei den Tatsachen bleiben. Niemand möchte, dass durch ein Abseitstor eine Mannschaft absteigt. Niemand möchte durch eine klare Fehlentscheidung oder durch einen nicht gegebenen Elfmeter zum Beispiel die internationalen Ränge verpassen. Der Videobeweis macht den Sport einfach fairer. Nur der Anspruch, dass alles perfekt laufen muss, sollte aufhören. Vor ein paar Jahren gab es schließlich auch Fehlentscheidungen, die dann heiß diskutiert wurden. Jetzt haben wir eine klare Reduzierung der Fehlerquote mit dem Videobeweis und jetzt wird immer noch gejammert. Wir lassen uns dadurch aber nicht beirren, und arbeiten fokussiert und konzentriert. Das ist unsere Hauptaufgabe.

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SPORT1: Sie sind derjenige, der das alles erlebt, sowohl auf dem Platz als auch in Köln im Keller. Sie geben ja auch viel Feedback. Wie sehr wird auf Ihre Vorschläge und der ihrer Kollegen vom DFB eingegangen?

Aytekin: Ich muss sagen, wir haben eine sehr gute Atmosphäre in der Zusammenarbeit mit der Führung. Wir sind die Experten, wir sind diejenigen, die jedes Wochenende auf dem Platz stehen oder in Köln im Keller sitzen. Wenn wir in einem guten Austausch stehen und unsere Erfahrungen weitergeben, dann hilft uns das unglaublich. Das wird dann auch dazu führen, dass wir sehr nah an die Perfektion rankommen werden.

SPORT1: Es gab ja ein paar Regeländerungen, vom Münzwurf bis zu den Auswechslungen: Es geht mir vor allem um die Regel der Mauer. Diese darf nicht mehr gestört werden. Der Abstand der Spieler von der angreifenden Mannschaft muss mindestens einen Meter betragen. Glauben Sie, dass die Spieler das am dritten Spieltag bereits verstanden haben und sich nicht die ganze Zeit bei Ihnen beschweren?

Aytekin: Es gibt Spieler, die kennen nach zwei Jahren bestimmte Regeln noch nicht. Das ist aber auch nicht ihre Aufgabe. Die Spieler sind dafür da, dass sie Fußball spielen und die breite Masse unterhalten. Wir sind für die Aufklärungsarbeit da. Wenn ein Spieler eine Regel am dritten oder sechsten Spieltag noch nicht versteht, dann helfen wir immer gerne.

SPORT1: Was bringen Ihnen solche Regeländerungen? Ist das zusätzliche Arbeit, dass man mit den Augen rollt und sich selbst schon wieder umgewöhnen muss, oder gibt es auch die eine oder andere Änderung, die wirklich hilft?

Aytekin: Uns helfen diese Regeländerungen, da auch viele durchdachte Sachen mit dabei sind. Ich als Schiedsrichter möchte auf keinen Fall ein Tor erzielen. Bis zur Regeländerung hätte auch ich ein Tor erzielen können, wenn ich angeschossen werde. Mit dem Ziel gehe ich als Schiedsrichter aber nicht in ein Spiel. Jetzt ist man froh, dass es Schiedsrichterball gibt, wenn man angeschossen wird. Das ist einfach eine Regel, die uns absolut hilft. Das ist nur ein Beispiel, es gibt viele Änderungen, die dem Fußball helfen.

SPORT1: Noch eine letzte Frage: Welche Wünsche und Ziele haben Sie für die kommende Saison?

Aytekin: Meine Ziele sind eigentlich immer sehr klar. Letztes Jahr bin ich verletzungsfrei durch die Saison gekommen und jetzt geht die Saison eben mit einer Verletzung los. Das bringt mich aber jetzt nicht aus der Ruhe. Jeder Einsatz ist für mich eine große Herausforderung, aber auch eine große Freude. Das will ich auch in der kommenden Saison spüren und erleben. Nicht nur auf dem Platz, sondern bei alldem, was ich mache. Das ist es für mich ein perfektes Jahr.