Als Niko Kovac seine erste Bestandsaufnahme zur 1:3-Niederlage in Leverkusen zum Besten gab, machte der Bayern-Trainer den Eindruck, als sei nach wie vor alles im Lot.
BVB-Patzer sind Bayerns Hoffnung
"Wir hätten das Spiel nicht verlieren dürfen", sagte Kovac bei Sky zwar - doch im Titelkampf mit dem BVB sieht er seine Mannschaft nach wie vor im Rennen.
"Es ist jetzt nicht allzu viel passiert, bei neun Punkten wäre es sicherlich sehr schwierig geworden, so geben wir nie auf", sagte Kovac nach dem gleichzeitigen 1:1 von Spitzenreiter Borussia Dortmund in Frankfurt. "Wir glauben dran und werden weiterhin daran arbeiten."
Einerseits hatte Kovac mit seiner Analyse zum Fernduell Recht, da sein Team nur einen weiteren Zähler auf den BVB verloren hatte. Andererseits: Wann hatte man den Rekordmeister zuletzt gesehen, wie er erleichtert auf einen anderen Platz blickt?
Kovac: "Müssen das zweite Tor machen"
Das Selbstverständnis der Bayern, es ist mit der vierten Saisonpleite weiter gebröckelt. Aus der "Mia san Mia"-Ansage ist eine "Was macht ihr?"-Frage geworden - mit Blick auf die Konkurrenz aus Dortmund.
Dabei war die erste Niederlage nach sieben Siegen in Folge hausgemacht: Dass die Bayern nach der verdienten Führung von Leon Goretzka (41.) das Spiel noch aus der Hand gaben, lag vor allem an der fehlenden Zielstrebigkeit der Kovac-Elf.
"Wir hatten in der ersten Halbzeit schon die eine oder andere Torchance, da hatte Leverkusen im Grunde genommen gar nichts gehabt. Wir müssen das zweite Tor machen", analysierte der Bayern-Coach.
Kovac haderte aber nicht nur mit dem fehlenden Punch seines Teams, sondern auch mit der angeblich unterschiedlichen Abseits-Auslegung aus dem Videokeller in Köln. Zunächst wurde ein vermeintliches Tor von Robert Lewandowski kurz vor dem Seitenwechsel nicht gegeben, anschließend werteten die Video-Assistenten das 3:1 von Lucas Alario als korrekt.
"Es ist schwierig. Wie lege ich das Lot?", fragte Kovac. "Das kann man eigentlich nur mit einer Drohne von oben. Wahrscheinlich ist ein Zentimetermaß rausgeholt worden. Wenn das Tor zählt, gehen wir mit 2:0 in die Halbzeit."
Salihamidzic kritisiert Einstellung
Im Mittelpunkt der Analyse stand aber der Umstand, wie der früher so selbstsichere FC Bayern überhaupt einen Vorsprung verspielen konnte. "Wir haben uns den Schneid abkaufen lassen, das haben wir nicht gut gemacht", kritisierte etwa Sportdirektor Hasan Salihamidzic.
Nach der Führung durch Goretzka ließen die Bayern frühere Tugenden vermissen und setzten - wie schon oft in der laufenden Saison - nicht nach. "Wir müssen den Gegner auch einfach killen", formulierte Joshua Kimmich martialisch. "Es ist schwierig, aus einer Niederlage etwas Gutes mitzunehmen."
Andererseits bewies aber auch Leverkusen große Moral: Zunächst verwandelte Leon Bailey (53.) einen Freistoß sehenswert und ließ Sven Ulreich, der den an der Hand verletzten Nationaltorhüter Manuel Neuer vertrat, keine Chance. Dann sorgten Kevin Volland (63.) und Alario (87.) für den Sieg der Werkself.
Zu allem Überfluss steht noch die Frage im Raum, wie lange Neuer ausfallen wird. Auch nach der Pleite in Leverkusen gab es von den Verantwortlichen keine genaue Ansage über die Verletzung des Stammkeepers.
Schwere Aufgabe im Pokal
Dennoch müssen die Bayern schnell ihre Wunden lecken und sich auf das Pokalspiel am Mittwochabend bei Hertha BSC (ab 20.30 Uhr im LIVETICKER) konzentrieren. Dass es auch in Berlin kein Selbstläufer wird, darf nach dem Rückschlag bei der Werkself angenommen werden.
Damit keine neue Negativspirale entsteht, wie sie die Münchner im Herbst erfuhren, müssen aber schnell wieder Siege her - nicht zuletzt, um die verloren gegangene Siegermentalität wieder anzukurbeln.
Wie sagte doch Thomas Müller so schön? "Durchs Reden kriegen wir eh keine Punkte, deswegen ist sowieso egal, was ich hier sage."