Mario Götze als Matchwinner von Borussia Dortmund? Ganz so viel Kitsch hätte diese Geschichte dann doch nicht ertragen.
Das stille Götze-Märchen
So gesehen muss man ja fast froh sein, dass es diesen Michael Gregoritsch gibt.
Augsburgs Stürmer ist bekanntlich ein guter Spielverderber - in erster Linie für gegnerische Teams. In diesem Fall für Mario Götze. Wer weiß, wofür das noch gut ist.
Der BVB-Star hatte gerade einen Moment der sportlichen Auferstehung durchlebt. Einen, der so rasant verlief, dass er schon wieder unheimlich anmutete.
Mario Götze - Held für wenige Minuten
Zum ersten Mal hatte ihn Trainer Lucien Favre in dieser Bundesliga-Saison das Vertrauen geschenkt. Spät schickte er Götze gegen Augsburg ins Spiel (77.). Seinen letzten Joker, der den BVB vor einer Heimpleite bewahren sollte.
Schon bei seiner Einwechslung schallte sein Name durchs Stadion. 13 Minuten brauchte Götze, dann war er schon wieder der Held. Zumindest für einige Augenblicke.
Ein Pass in die Tiefe, ein Sprint in den Raum, ein Abschluss wie in alten Zeiten - und Götze hatte getroffen. Sein erster Saisontreffer.
Ein Gefühlsausbruch war es zwar nicht, mit dem der Torschütze Richtung Fans abdrehte. Und doch lag in diesem Moment des Glücks ein Ausdruck von Stolz und Genugtuung im Gesicht von Mario Götze.
3:2 gegen Augsburg. Der BVB hatte dieses irre Fußballspiel gedreht, das noch lange nicht vorbei sein sollte. Und Götze war auserkoren für Rolle des Matchwinners. So hatte es zumindest der kitschige Plot dieses Fußball-Nachmittags vorgesehen.
Dann kam Michael Gregoritsch. Und die Götze-Party war vorbei, ehe sie richtig begonnen hatte.
Götze schweigt und lässt Alcacer reden
Augsburgs Angreifer konterte Dortmunds Führungstor umgehend zum 3:3 (87.). Irgendwie hätte es zu den vergangenen Wochen des Mario Götze gepasst, wenn Dortmund dieses Spiel trotz seines Treffers nicht gewonnen hätte.
Denn eine wirkliche Lobby hatte Götze nicht mehr gehabt die letzte Zeit. Bei Favre war er zuletzt außen vor, stand häufig nicht einmal im Kader.
Gegen Augsburg lieferte der WM-Held von einst endlich mal wieder ein sportliches Argument. Und dann kam dieser gefühlskalte Michael Gregoritsch und entriss ihm den Titel "Man of the match". Einfach so, ohne Vorwarnung.
Götze-Brüder gemeinsam auf der Bank
Es wird Götze herzlich egal gewesen sein. Vielleicht kam es ihm sogar gelegen. So konnte er nach Spielschluss geradewegs in die Katakomben marschieren. Entlang seiner feiernden Teamkollegen. Vorbei an wissbegierigen Reportern.
Mario Götze entschied sich, an diesem Abend nicht öffentlich zu reden. Was er zu besprechen hatte, tat er mit Bruder Felix. Seite an Seite saßen die beiden Brüder auf der Bank und reflektierten diese aufregende Partie.
Alles andere überließ Götze anderen. Paco Alcacer zum Beispiel.
Der BVB hat ja zum Glück noch andere Stars in seinen Reihen mit Hang zu übergroßer Dramaturgie. Alcacer hatte die ersten beiden Dortmunder Treffer erzielt. Ebenfalls als Joker.
Aus der Ferne sah er dann, wie Gregoritsch jubelte. Wie sich die schwarz-gelbe Meute auf der Tribüne entsetzt abwendete.
In diesen Sekunden muss in dem Spanier der Plan für seinen dritten Streich gereift sein.
Wohlüberlegtes Lob für Götze
Der Freistoß in der sechsten Minute der Nachspielzeit, mit dem er dem BVB doch noch einen Heimsieg schenkte - und dadurch ein beträchtliches Stück des Götze-Märchens bewahrte.
""Wichtiger als die eigenen Tore ist die Freude der Mitspieler darüber", sagt Paco Alcacer nachher bei Sky. Der Satz war zwar auf ihn selbst gemünzt, passte an diesem Abend aber irgendwie auch zu Mario Götze.
Was kollektive Lobhudelei mit diesem Fußballer anrichten können, hat die Vergangenheit nur zu gut gezeigt.
Marco Reus war deshalb auch auffallend um Zurückhaltung bemüht, als er nach Worten über seinen Mitspieler suchte. Götze sei "ein außergewöhnlicher Fußballer", sagte der Kapitän.
Es war ein Lob, mit dem Mario Götze nach diesen 90 Minuten bestens leben konnte. Auch ohne Matchwinner zu sein.