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Mertesacker-Beichte: Mario Basler sieht Konflikt der Generationen

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Mertesacker-Beichte: Mario Basler sieht Konflikt der Generationen

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Basler: Druck im Fußball ist ein Generationenkonflikt

SPORT1-Experte Mario Basler sieht rund um die Mertesacker-Diskussion einen Generationenkonflikt. Medien spielen eine Rolle, Talentschmieden sieht er kritisch.
Per Mertesacker berichtet in einem Interview, wie sehr der Fußball ihn körperlich und mental zermürbt hat.
Matthias Schreiber
Matthias Schreiber
Reinhard Franke
Reinhard Franke
von Matthias Schreiber, Reinhard Franke

Wohl kaum hat in den letzten Jahren ein Interview mehr öffentliche Aufmerksamkeit erregt als das von Per Mertesacker, Profi beim FC Arsenal, im Spiegel.

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Weil es darin um eben weit mehr geht als den stumpfen Profifußball und auch, weil der 33-Jährige von seinem persönlichen Umgang mit dem immensen Leistungsdruck in einer Art und Weise erzählt, wie man sie von Fußballprofis heutzutage eigentlich nicht kennt.

Reflektiert, ehrlich, und vor allem: Schonungslos offen.

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"Früher war ein anderer Druck"

Vor allem die Replik von Lothar Matthäus ("Er hätte ja aufhören können, wenn der Druck so groß war") sorgte nebst vieler Unterstützer in Fußballer-, Ex-Kollegen- und Promi-Kreisen für heftige Diskussionen und Reaktionen.

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Einen anderen Gesichtspunkt, der in der ganzen Diskussion bisher aber weitgehend unterging, bringt nun SPORT1-Experte Mario Basler ins Spiel.

"Wir hatten früher auch Druck, aber natürlich ohne Social Media, wo alles offengelegt wurde", bemängelt der 49-Jährige bei SPORT1 die permanente Öffentlichkeit, der Profis heutzutage ausgesetzt sind. Dabei sieht Basler die junge Generation aber auch selbst in der Pflicht: "Die Profis sind teilweise selbst daran schuld, wenn sie jeden Tag diese Themen bedienen und beispielsweise ihr Essen posten. Dann muss man sich nicht beschweren."

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Basler bemängelt "Unselbständigkeit"

In der Tat bedient sich ein beträchtlicher Teil der heutigen Fußballprofis dieser Art der Selbstdarstellung, Mertesacker war allerdings nie einer davon. 

Zwar ist auch er auf sozialen Plattformen wie Instagram oder Facebook unterwegs, postet dort jedoch größtenteils rein sportliche Inhalte.

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Das Problem: Ob sie wollen oder nicht, prinzipiell ist bei Profifußballern auch Privates von öffentlichem Interesse. Und: "Sie sind unselbständig", wie Mario Basler sagt.

Basler: "Sie bekommen alles abgenommen"

"Sie bekommen doch alles abgenommen. Sie bekommen eine Versicherung vom Verein, ein Auto, eine Wohnung oder ein Haus. Übertrieben gesagt wissen sie doch gar nicht mehr in welches Regal sie beim Einkaufen greifen sollen", sagt der Ex-Nationalspieler.

Dies fange schon bei den Jungen an, die "mit 13, 14 in die Nachwuchsleistungszentren ziehen und dort das Brötchen geschmiert und den O-Saft hingestellt bekommen".

Sie würden früh "in diese weiche Richtung erzogen, morgens werden sie geweckt, dann gibt es Frühstück, dann werden Schularbeiten gemacht, danach wird trainiert, dann gibt es Mittagessen und dabei wird Ihnen die Gabel in den Mund geführt - das ist doch lächerlich", so Basler.

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Generationenkonflikt unter den Profis

Wirft man einen Blick auf die verschiedenen Werdegänge der Spieler fällt auf, dass diese sich in punkto Ausbildung, Betreuung und medialer Aufmerksamkeit in grundlegender Weise unterscheiden. 

Basler wechselte 1984 erst mit 16 zum 1. FC Kaiserslautern, professionelle Nachwuchsleistungszentren mit Rundumbetreuung waren damals noch nicht einmal graue Theorie.

Rekordnationalspieler Matthäus startete in den 70er-Jahren sogar erst eine Lehre, ehe er von seinem Heimatverein FC Herzogenaurach mit 18 Jahren die behütete Heimat verließ und zu Borussia Mönchengladbach wechselte.

Ein anderes Beispiel: Die beiden Weltmeister Per Mertesacker und Mario Götze (25) sowie der 18-jährige HSV-Jungstar Jann-Fiete Arp wurden in einem Nachwuchsleistungszentrum eines Bundesligisten groß und stehen damit stellvertretend für ihre Generation.

Mertesacker ging mit elf Jahren in die Akademie von Hannover 96. Arp war zehn, als er zum HSV wechselte, Götze gar erst neun, als er zum BVB kam.

Übrigens: Als Mertesacker 2006 als gestandener Profi und Nationalspieler zu Werder Bremen wechselte, war das iPhone noch nicht einmal erfunden, während Arp und auch schon Götze in einer digitalisierten Zeit groß wurden, in der theoretisch jeder einzelne Schritt von der Weltöffentlichkeit verfolgt werden kann.

Mertesacker wird Leiter des NLZ

Ein Problem also, mit dem Mertesacker zumindest zu der Anfangszeit seiner Karriere nicht zu kämpfen hatte. Dennoch sieht Basler den Zeitpunkt Mertesackers' Offenbarung kritisch, auch wenn er ihn zu Teilen verstehen kann.

"Du kannst als Spieler Schwäche zeigen und du darfst das auch, nur die Profis machen das nicht, weil sie Angst haben, dass sie in irgendeine Schublade reingesteckt werden. Ich finde es nicht gut, dass er sich erst jetzt beschwert. Vor fünf Jahren hätte ich es gut gefunden, aber jetzt, wenn die Karriere zu Ende geht, sich über Druck beklagen. Das kann ich nicht nachvollziehen."

Nur noch bis zum Ende der Saison ist Mertesacker Profi beim FC Arsenal. Die digitale Generation, für die er in Zukunft als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums der Gunners zuständig sein wird, wird übrigens Millenials genannt.

Im Gegensatz zu Lothar Matthäus, der Mertesacker die Kompetenz für die Aufgabe absprach, kann Basler dies nur begrüßen: "Ich denke, dass Per intelligent genug ist und auch die Erfahrung hat, diesen Job absolut auszuüben. Die Frage ist, wie bringt er es den Nachwuchsspielern bei und wie bereitet er die Jungs auf die Karriere vor?"