Thomas Tuchel weiß, was nun vor ihm liegt.
Das muss beim BVB besser werden
"Ich glaube zu wissen, was nötig ist, um besser zu werden - und das ist eine ganze Menge", sagte der Trainer von Borussia Dortmund nach dem 1:1 gegen den FC Augsburg, dem vierten Pflichtspiel-Unentschieden in Folge.
Neun Punkte Rückstand zum Spitzen-Duo Bayern und Leipzig, kein Polster mehr auf die Verfolger im Kampf um die Champions-League-Plätze: "Mit der Hinrunde sind wir alle nicht zufrieden", stellte auch BVB-Kapitän Marcel Schmelzer fest.
SPORT1 nennt sieben Gründe, warum es beim BVB hakt.
- 1. Fehlende Absicherung
Defensiv lässt sich der BVB zu leicht auskontern - siehe den Treffer von Augsburgs Dong Won Ji. Marc Bartra ist in der Dreier- oder Viererkette immer wieder ein Unsicherheitsfaktor, weil der Anpassungsprozess des Verteidigers an die Bundesliga noch nicht abgeschlossen ist.
Gegen Augsburg nahm Tuchel den Spanier schon zur Pause vom Platz. Der wiedergenesene Sven Bender ersetzte den Innenverteidiger und brachte mehr Stabilität in die Hintermannschaft.
- 2. Mangelnde Konstanz
Immer wieder baut Thomas Tuchel die BVB-Elf um. Oft, weil er muss - Dortmund wurde von zahlreichen Verletzungen geplagt -, aber auch weil Tuchel eine hochfrequente Rotationsmaschine betreibt.
Die elf Akteure auf dem Platz müssen sich so immer wieder neu finden und aufeinander einstellen. Diese mangelnde Konstanz schwächt das Gesamtgerüst der jungen und daher für Schwankungen anfälligen Tuchel-Elf.
Zum Rückrundenstart hoffen die Beteiligten bereits auf die Rückkehr einiger verletzter Leistungsträger, etwa die von Europameister Raphael Guerreiro. Die mangelnde Konstanz betrifft aber auch das Spielerische. "Wie zu oft in dieser Saison kriegen wir das, was wir uns vorgenommen haben, nicht konstant über die gesamte Spielzeit auf den Platz", so Tuchel.
Was drin ist, wenn das gelingt, haben die Spieler bei den Spielen wie denen gegen den FC Bayern (1:0) oder Borussia Mönchengladbach (4:1) deutlich gemacht.
Kurios: Die Bayern waren das einzige Top-Team der Bundesliga, gegen das der Vizemeister gewinnen konnte. Aus den fünf Spielen gegen Leipzig (0:1), Hoffenheim (2:2), Berlin (1:1), Köln (1:1) und Frankfurt (1:2) holte der BVB dagegen nur drei Punkte.
- 3. Schläfrigkeit
In den vergangenen sieben Spielen ist der BVB jedes Mal mit 0:1 in Rückstand geraten. "Das ist in der Häufigkeit absoluter Wahnsinn", stellte Tuchel fest.
"Wir müssen daran arbeiten, dass wir nicht immer mit dem ersten oder zweiten Gegenangriff direkt ein Tor kassieren und dem Rückstand hinterherlaufen", weiß Linksverteidiger Schmelzer.
- 4. Abhängigkeit von Aubameyang
Wenn der Gabuner trifft, geht es für den BVB meistens gut aus. Wenn nicht, wird es häufig eng.
16 Ligatreffer hat Pierre-Emerick Aubameyang bislang schon erzielt. Dann folgen mit Abstand Ousmane Dembele (4 Treffer) und Lukasz Piszczek (3).
Fällt der BVB-Torjäger aus, ist sein Verlust zurzeit nicht wettzumachen. Ein zu hundert Prozent fitter Marco Reus könnte diesen Zustand allerdings ändern.
- 5. Zu verspielt
Ballbesitzfußball schön und gut, aber in so mancher Szene der Hinrunde hätten sich die Fans lieber ein Dribbling weniger, dafür den Pass zum Mitspieler oder den Torabschluss gewünscht.
Eins-gegen-eins-Situationen zu suchen, ist bei den schnellen Offensivleuten ein probates Mittel - wenngleich es auch dazu beiträgt, dass der BVB häufiger als jedes andere Bundesliga-Team durch Fouls aus dem Konzept gebracht wird.
Die BVB-Wirbler neigen allerdings auch nach gewonnenen Zweikämpfen zum Versuch, den Ball direkt persönlich ins Tor tragen. Die Verspieltheit von jungen Leuten wie Ousmane Dembele oder Emre Mor befindet sich oftmals auf einem schmalen Grat zwischen Kunst und Brotlosigkeit.
- 6. Mario Götze auf der Suche
So richtig hat der Rückkehrer vom FC Bayern seinen Platz noch nicht gefunden, auch wenn er zwischenzeitliche Leistungshochs hatte und ihm in Hoffenheim sein erstes Bundesligator in dieser Saison gelang.
Der Nationalspieler zeigte in zehn Bundesligaeinsätzen viele gute Ansätze. Das Glück hatte er dabei nicht immer auf seiner Seite, so wie gegen Augsburg bei seinem Pfostentreffer in der 9. Minute.
- 7. Zu viele Nebengeräusche
Thomas Tuchel ist unbestritten ein gewiefter Taktiker, was das Spiel angeht. In seiner Analyse schießt er jedoch zuweilen übers Ziel hinaus.
Die Schärfe seiner Kritik nach der Niederlage gegen Frankfurt, die Foul-Diskussion nach dem Leverkusen-Spiel, zuletzt die Kritik an Marco Reus' Platzverweis und Sperre: Der 43-Jährige reißt im öffentlichen Debattenraum immer wieder Baustellen auf.
Tuchel sagt, was er denkt, hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Das spricht für seine Authentizität, einerseits. Andererseits stellt sich die Frage, ob es dem Team bei der Konzentration aufs Wesentliche immer eine Hilfe ist.