Das allgegenwärtige Flüchtlingsdrama in Europa sowie Ausländerfeindlichkeit und Gewalt gegen Asylsuchende in Deutschland lassen bei Roberto Hilbert die Alarmglocken schrillen:
Asyl-Drama: Hilbert will wachrütteln
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"Wir müssen unbedingt etwas tun und gegensteuern, damit Gewalt und Rassismus nicht noch stärker werden", sagt der Abwehrspieler von Bayer Leverkusen im Interview mit SPORT1.
Dabei nimmt der 30-Jährige auch seinen Berufsstand des Profifußballers in die Pflicht.
"Wir müssen mehr sensibilisieren"
"Viele öffentliche Personen machen etwas wie auch Bastian Schweinsteiger, Jerome Boateng und Mesut Özil", erinnert Hilbert an die jüngsten Kampagnen seiner Kollegen im DFB-Team. "Aber gerade wir als populäre Personen können noch mehr in der Öffentlichkeit bewirken und müssen mehr sensibilisieren. Wir müssen den Leuten klar machen, wie es aus der Sicht der Ausländer ist."
Für Hilbert, verheiratet mit einer gebürtigen Eritreerin und zudem vierfacher Familienvater, ist das Thema eine Herzensangelegenheit. Auch, weil er und seine dunkelhäutige Frau bereits mehrfach selbst Zielscheibe ausländerfeindlicher Angriffe geworden sind.
"Wir haben leider so einiges erlebt, auch meine Kinder. Selbst im Flugzeug sind wir schon beleidigt worden", berichtet Hilbert.
Ausländerfeindlichkeit am eigenen Leib erlebt
Aufgewachsen im oberfränkischen Forchheim sei er selbst bereits als Kind und Jugendlicher Opfer politisch rechtsgerichteter Verblendung geworden.
"Ich selber bin mit vielen ausländischen Freunden aufgewachsen. Es war gang und gäbe, dass ich dann selber als Ausländer gesehen und beleidigt wurde", erinnert sich Hilbert, der sich seit 2013 für die Antirassismus-Bildungsinitiative "Show Racism the Red Card" engagiert und sich an der Kampagne "Unsere Elf gegen Rassismus" beteiligt.
Seit seiner Rückkehr aus der Türkei in der Bundesliga - von 2009 bis 2013 hatte der frühere Nationalspieler in der SüperLig für Besiktas Istanbul gekickt – sei es "noch schlimmer geworden".
"In der Türkei habe ich niemals Anfeindungen mir gegenüber als Ausländer erlebt", sagt Hilbert.
Deutsche Neidgesellschaft ein Grund
Bei seiner Ursachenforschung für Fremdenhass sieht er auch die deutsche Neidgesellschaft als ausschlaggebend.
"Es kommt Wut und Hass auf, wenn einer etwas hat, was man nicht selber hat und der dann auch noch ein Ausländer ist", so Hilbert.
Ausländer seien vielfach das schwächste Glied in der Gesellschaftskette, "man kann leicht etwas auf jemanden abladen, der vielleicht neu im Land ist und auch noch nicht die Sprache beherrscht."
Helfen statt Häuser anzünden
Umso mehr schockiert Hilbert, der im Rheinland in der Nähe zweier Flüchtlingslager wohnt und tagtäglich Asylbewerbern begegnet, die Gegenwart.
"Wenn ich das dreijährige Kind sehe, das auf der Flucht ertrinkt und dann an einen Strand gespült wird; gekenterte Boote auf dem Mittelmeer, tote Flüchtlinge in einem Lkw - diese Bilder und Dinge darf man nicht einfach an sich vorbeiziehen lassen", meint der Franke.
Man müsse sich fragen: "Warum flüchten diese Menschen nach Deutschland? Doch nicht, weil sie darauf Bock haben, sondern weil in ihren Ländern Krieg herrscht. Wir müssen den Menschen helfen und nicht ihre Häuser anzünden", fügt Hilbert an.
Er wisse, wie es ist, wenn man nichts hat, während man "als Fußballer viel verdient und gut leben kann. Ich versuche, ein Stück vom Kuchen abzugeben und diesen Menschen zu helfen."