Garantie. Ein Wort, das schön klingt, klar und eindeutig.
Korkut am Scheideweg
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Und das doch meist so wenig wert ist, im Fußball zumindest. Vorgeführt haben das schon viele Klubverantwortliche, selten aber jemand so ehrlich wie Dirk Dufner, der Sportdirektor von Hannover 96 am vergangenen Wochenende.
Dufner versicherte da im ZDF: "Es gibt bei uns keine Trainerdebatte." Und schob hinterher: "Momentan." Was das nun bedeute? "Wenn Sie so wollen, eine Arbeitsplatzgarantie. Die im Fußball ja immer Bestand hat, bis der Trainer dann irgendwann mal... Sie wissen schon."
Unmögliche Kreis-Quadratur
Bei Hannover versucht man sich also erst gar nicht an der Kreis-Quadratur, Tayfun Korkut eine Sicherheit zu versprechen, die man ihm nicht versprechen kann in dieser Lage.
Sieben Spiele hintereinander blieb 96 zuletzt ohne Sieg, die Abstiegsplätze sind nur noch fünf Punkte entfernt – was besonders mit Blick auf die kommenden Gegner beunruhigt: Der FC Bayern München ist der nächste (Sa., ab 15 Uhr LIVE im Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER), gefolgt von den beiden Borussias aus Gladbach und Dortmund.
Der letzte Auftritt, ein 1:1 gegen Tabellenschlusslicht Stuttgart, war alles andere als ein Aufbruchssignal.
Kurzum: Es ist gerade nicht die Zeit, in der sich ein Coach auf Garantien verlassen kann.
Kind hofft auf Wende mit Korkut
14 Monate ist es her, dass der Vereinspräsident Martin Kind Korkut den Job gegeben hat.
Als Trainer war der frühere türkische Nationalspieler ein Anfänger, der noch nie ein Profiteam als Chef betreut hatte. Dass er mit Hannover wachsen sollte und Hannover mit ihm, war die Idee.
"Ich habe deutlich gesagt, als wir ihn verpflichtet haben: Das war eine mutige Entscheidung. Eine mit Perspektive", erinnert Kind im Gespräch mit SPORT1. Und ihm ist anzumerken, dass es ihm weiterhin am liebsten wäre, wenn Korkut seine Entscheidung rechtfertigen würde.
"Er lernt aus diesen Prozessen"
Zuletzt allerdings häuften sich beim 40-Jährigen Missgriffe bei seinen Personalentscheidungen.
Gegen Stuttgart etwa bemängelten die anwesenden Reporter sein Zögern, die schwach agierenden Jimmy Briand und Edgar Prib auszuwechseln.
"Der Trainer hat das volle Vertrauen. Er lernt aus diesen Prozessen", sagt Kind. Aber er sagt eben auch: "Alle Entscheidungen, die ich zu treffen habe, ordnen sich immer den Zielen von Hannover 96 unter. Der Klassenerhalt ist das Minimum."
"Hoffe, dass es keine hohe Niederlage wird"
Kind weiß, dass die anstehende Aufgabe nicht unbedingt welche sind, bei denen er sich einen Schub für diese Mission erwarten kann.
"Ich gehe nicht davon aus, dass alle Fans, die Karten kaufen, auch erwarten, dass Hannover 96 dieses Spiel gewinnt", sagt der Hörgeräte-Unternehmer, der hofft, "dass es keine hohe Niederlage wird".
Man wolle aber, klar, "die Herausforderung motiviert annehmen. Vielleicht ist sogar eine kleine Überraschung möglich."
Bessere Zeiten mit Slomka und Schmadtke
Es ist nicht so lange her, dass solche Überraschungen bei 96 im Standardrepertoire waren.
2011 gewann Hannover zwei Heimspiele hintereinander gegen den FC Bayern und zog am Ende der jeweiligen Saison in die Europa League ein.
Es war die große Zeit von Hannovers ungleichem und oft unharmonischem Trainer-Manager-Duo: Mirko Slomka, mit seinem klaren taktischen Profil. Jörg Schmadtke, dem damaligen Stareinkäufer der Liga - der sich bei Rainer Calmund den Adelstitel "Diamantenauge" verdiente.
Auch Dufner in der Kritik
Seit Schmadtke weg ist, funkelt es bei Hannover immer weniger.
Auch Dufner steht wegen seiner Transfers in der Kritik, in den Medien der Region wird auch über seine Ablösung schon spekuliert.
Die Frage nach der Zukunft des Trainers ist allerdings akuter, beim Stuttgart-Spiel gab es die ersten "Korkut-raus!"-Rufe aus den Fanreihen.
Offener Brief an die Fans
Womöglich noch problematischer für Hannover: Zahlreiche andere Anhänger lassen überhaupt nichts mehr von sich hören.
Viele Ultras boykottieren die Spiele ihres Klubs wegen eines seit lange schwelenden Streits mit der Klubführung, auf die Stimmung wirkte es sich spürbar aus.
"Wir haben die Situation, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat und die ganz sicher niemand so haben wollte, unterschätzt", gesteht der Klub nun.
"Ohne Wenn und Aber. Aus purer Überzeugung."
Am Donnerstagmittag veröffentlichte er einen offenen Brief an seine Fans, der aber mehr rhetorische Gesten ("Ohne Wenn und Aber. Aus purer Überzeugung. So geht es nicht weiter") als konkrete Inhalte bietet.
Statt auf die störrischen Ultras zuzugehen wünscht 96 sich zudem lieber, "dass sich neue Gruppen finden werden, die andere Fans in der HDI Arena mitreißen".
Das abschließende "Los jetzt - packen wir es alle gemeinsam an!" genügt vielleicht für einen Stimmungsaufschwung, von dem Korkut und sein Team profitieren können.
Eine Garantie ist es aber eher nicht.