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Sandro Wagner: Ex-Profi des FC Bayern als Gegenentwurf zu Schürrle und Höwedes

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Sandro Wagner: Ex-Profi des FC Bayern als Gegenentwurf zu Schürrle und Höwedes

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Der Mann, der alles anders machte

Sandro Wagner beendet seine wechselvolle Karriere - und bleibt sich dabei bis zuletzt treu. Der Gegenentwurf zu Schürrle und Höwedes wird wieder beim FC Bayern landen.
Sandro Wagner hatte schon immer zu vielen Dingen eine klare Meinung. 2019 äußerte er diese im CHECK24 Doppelpass deutlich.
cpaschwitz
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Es ist einer dieser schöneren Sommer-Abende an diesem 29. Juni 2009 in Malmö, das gilt insbesondere auch für das Swedbank Stadion. 

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Auf dem Rasen neben Erfolgscoach Horst Hrubesch feiern die jungen Ausgaben der späteren Weltklassespieler Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Mats Hummels, Sami Khedira und Mesut Özil wie Bolle - gerade eben sind Deutschlands U21-Fußballer Europameister geworden.

Es ist die Geburtsstunde nachfolgender Weltmeister und Champions-League-Sieger einer goldenen Generation. Und zu ihr gehört auch - Sandro Wagner, damals 22 Jahre alt und in Diensten von Zweitligist MSV Duisburg,    

Mit zwei Treffern, von denen der Schlenzer ins rechte Eck zum Tor des Monats gekürt wird, spielt sich der zuvor eher wenig berücksichtigte Stürmer im Finale gegen England (4:0) plötzlich ins Rampenlicht - und gleichzeitig in den Fokus vieler Talent-Späher.

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Deutschlands U21-Europameister von 2009: ( v.l.) Benedikt Höwedes, Mats Hummels, Sandro Wagner, Mesut Özil, Änis Ben-Hatira, Torwart Tobias Sippel, Sami Khedira und Fabian Johnson
Deutschlands U21-Europameister von 2009: ( v.l.) Benedikt Höwedes, Mats Hummels, Sandro Wagner, Mesut Özil, Änis Ben-Hatira, Torwart Tobias Sippel, Sami Khedira und Fabian Johnson

Wagner, der Gegenentwurf zu Schürrle und Höwedes

Und danach? Nimmt das Leben des Sandro W. einen anderen Verlauf, als es hätte nehmen müssen. Ohne Real, Barca, United oder anderen Highlight-Stationen. Ziemlich genau elf Jahre später beendet der gebürtige Münchner nun seine unterm Strich eher durchwachsene wie ungewöhnliche Karriere.

"Ich habe die lange Reise sehr genossen", erklärte der inzwischen 32-Jährige in der Bild seinen Entschluss zum endgültigen Schluss. Was die Sache umso erwähnenswerter macht: Binnen zwei Wochen ist Wagner schon der dritte ehemalige Nationalspieler, der in Fußball-Rente geht.

Mitte Juli war 2014-Weltmeister André Schürrle mit nur 29 Jahren zurückgetreten. Erst vor ein paar Tagen hatte seinen Abschied auch Benedikt Höwedes (32) bekannt gegeben - jener Mitspieler Wagners, der bei der Sternstunde von Malmö übrigens ebenso zur deutschen Mannschaft gezählt hatte.

So weit, so parallel? Weit gefehlt. Wagners Werdegang muss anders gedeutet werden.

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Sandro Wagner spielte beim FC Bayern als Back-up für Robert Lewandowksi
Sandro Wagner spielte beim FC Bayern als Back-up für Robert Lewandowksi

Wagner: Rückkehr zum FC Bayern

Denn anders als WM-Held Schürrle ("Ich war völlig am Ende. Es war, als ob alles in mir gebrannt hätte. Nur die Leistung auf dem Platz zählt, Verletzlichkeit und Schwäche dürfen zu keinem Zeitpunkt existieren.") und Höwedes ("Der Fußball hat sich brutal entwickelt") ist Wagner weit davon entfernt, derart mit dem Fußball abzurechnen.

Im Gegenteil: Der Zuletzt-Angreifer von Tianjin Teda, der vergangene Woche überraschend seinen Vertrag in China aufgelöst hatte wegen der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, klingt vielmehr "unglaublich dankbar, dass mir der Fußball ein wunderbares Leben ermöglicht hat."

Keine Spur also von Verbitterung - und wer Wagner zeit seines Sportlerlebens erlebt hat, durfte das wohl auch nicht erwarten. 

Wagner, der Mann, der schon immer alles anders machte, dürfte denn auch in Zukunft seinen ganz eigenen bis extrovertierten Weg gehen.

Und der wird, wie SPORT1 weiß, wieder zu seinem Heimatverein FC Bayern führen, wo ein Engagement als Nachwuchscoach sehr wahrscheinlich ist. Schon im Jahr 2019 hatte Wagner im CHECK24 Doppelpass verraten, dass er "auf jeden Fall zu Bayern zurückkehren" werde.

"Heimat-Typ", für den Familie über alles geht

"Im September starte ich meine Trainer-Ausbildung in einem DFB-Sonderkurs", präzisierte der 32-Jährige nun. "Mein Plan ist es, im kommenden Sommer in den Trainer-Bereich einzusteigen." Zuvor will Wagner ein Jahr Pause machen, er "genieße die Zeit mit meiner Familie, der ich am meisten danken möchte."

Ohnehin hat das Beisammensein mit Denise, seiner Ehefrau seit 2009, und den Kindern Luca-Marie, Bruno und Hugo, für Wagner stets oberste Priorität. Seine Familie, mit der er inklusive Hund und diversen Schildkröten in Unterhaching wohnt, war es am Ende womöglich gar, die einem steileren Verlauf seiner eher wechselhaften Karriere im Wege stand. 

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Begonnen beim FC Bayern, über Duisburg, Werder Bremen, eine Leihe zum 1. FC Kaiserslautern, dann zu Hertha BSC, Darmstadt 98, TSG Hoffenheim und wieder zum FC Bayern, wo er seine Rolle als Backup für Robert Lewandowski klaglos akzeptierte und kaum zum Zug kam: Bei der Umsetzung seiner großen Ambitionen den finalen Schritt nicht immer zu Ende gegangen zu sein, bekümmerte den 180-fachen Bundesliga-Akteur (44 Tore) nie wirklich. Zumindest nicht öffentlich. 

"Ich hätte nach England wechseln können. Aber meine Frau und meine Kinder leben in München, alle meine sozialen Kontakte sind in München. Ich tue mich schwer mit dem Gedanken", erzählte er einmal der tz. Im kicker räumte er Anfang des Jahres ein, ein "Heimat-Typ" zu sein, dem woanders "die Berge, mein schönes München" abgingen.

Wirbel-Rücktritt aus dem DFB-Team

Dem gegenüber standen kernige Sprüche für den Harmonie-Menschen in 13 Jahren als Profi keineswegs im Widerspruch.

Mit selbstbewussten Sätzen wie "Ich bin in meinen Augen seit einiger Zeit mit Abstand der beste deutsche Stürmer" oder der Feststellung, dass Fußballprofis gemessen an dem, was sie alles aufgeben, zu wenig Geld verdienen würden, polarisierte Wagner, dreimal Meister und zweimal DFB-Pokalsieger mit den Bayern, ein ums andere Mal.

Dass er immer wieder unverblümt und oft unbequem seine Meinung sagte, ist Wagner bis heute egal: "Mir war wichtig, mir selbst treu zu bleiben."

Sandro Wagner spricht über seine Aussprache mit Joachim Löw
02:20
Nach DFB-Rücktritt: Wagner bestätigt Aussprache mit Löw

Wenngleich er einräumt, "das Nationaltrikot zu tragen hat mich mit besonderem Stolz erfüllt": Seine Ecken und Kanten stießen auch beim DFB-Team nicht immer auf Gegenliebe. 

Zur Erinnerung: Nach der Nicht-Nominierung für die WM 2018 in Russland 2018 hatte Wagner trotzig seinen Rücktritt erklärt - nach gerade mal acht Länderspielen in der A-Nationalmannschaft, mit der er 2017 den Confed Cup gewann.

Er sei als Typ, der den Mund aufmache, bei der braven Nationalmannschaft offenbar nicht gefragt, lautete seine kesse Begründung - und blendete dabei aus, dass seine Spielweise nicht passte zu den Vorstellungen von Joachim Löw. Der Bundestrainer watschte Wagner denn auch gehörig ab: "Er stellt manche dar, die bei uns schon ewig spielen, die zu den Führungsspielern gehören, als wären sie ausgemachte Vollidioten."

China als einziges Auslandsengagement 

Anders als Höwedes und Schürrle ("Man muss ja immer eine gewisse Rolle spielen, um in dem Business zu überleben, sonst verlierst du deinen Job und bekommst auch keinen neuen mehr") hat Wagner seinen Frieden mit der Branche und mit sich selbst gemacht. 

Der Fußball habe ihm "ein wunderbares Leben ermöglicht", er sei dafür "unglaublich dankbar." 

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Mehr noch: "Ich habe all meine Ziele und Träume verwirklichen können", fügte Wagner nun an. Das schließt seine einzige Station im Ausland mit ein - ungeachtet dessen, dass ihm mancher Kritiker vorwarf, in China stünde doch eher das Thema Geld denn Leistung im Fokus.

Sandro Wagner rechnet mit Social Media ab
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Wagner rechnet mit Social Media ab

Sei's drum: Selbst die Auf uns Abs auch während seines eineinhalbjährigen Gastspiel in Fernost bei Tianjin Teda, die im April auch sein deutscher Trainer Uli Stielike bei SPORT1 ansprach, haben Wagner unverändert gelassen: "Ich hatte tolle 18 Monate in China."

Abrechnung mit Social Media

Steitbar bleiben dürfte Wagner sowieso. Wie auch die Erinnerungen an sein vernichtendes Urteil über Instagam und Co. sowie den vermeintlichen Geltungsdrang einiger Profis.

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"Soziale Medien sind für mich ein ganz großes Übel. Mir fehlen die Worte. Wie dort miteinander umgegangen wird, so stumpf, asozial, sinnlos. Ich finde diese Entwicklung krank", hatte Wagner bei t-online.de gesagt. Er sehe "die Gefahr, dass unsere Kinder immer dümmer und letztlich auch unglücklicher werden. Weil sie falschen Vorbildern hinterhereifern, die eine glattgeleckte Glamour-Welt vorheucheln."

"Und wenn ich diese ganzen kleinen Instagram-Gangster sehe mit ihren Goldketten", so Wagner. "Im echten Leben muss Mami kommen, wenn es Probleme gibt." Er fände es "befremdlich, wenn Kollegen das ganze Wohnzimmer wie ein Fußball-Museum dekorieren. Müllmänner haben schließlich auch keine besonders gut geleerte Tonne dort rumstehen." 

Es hätte womöglich auch ganz anders kommen können im Leben des Sandro. Vielleicht sollte es aber auch genau so kommen.