Im deutschen Fußball stellt sich derzeit vor allem eine Frage: Was geschieht nach der Pandemie?
Salary Cap in der Bundesliga?
Klar ist, dass die Bundesliga-Saison zunächst zu einem Ende gebracht werden muss. Für viele Klubs geht es um nicht weniger als die Existenz.
Damit das in der Zukunft nicht mehr der Fall ist, werden nun Rufe nach einer Systemänderung im Profifußball immer lauter. Die Zügellosigkeit der Branche ist schon lange in der Kritik, die Coronakrise könnte nun als Auslöser für einen Wandel fungieren.
Dabei wird immer wieder auch ein Salary Cap diskutiert.
Salary Cap nur einheitlich denkbar
Der springende Punkt des Systems: eine Gehaltsobergrenze, an die sich alle Klubs halten müssen.
Das Salary-Cap-System wird vor allem in den US-amerikanischen Sportligen gebraucht. Es ist aber auch in Europa nicht gänzlich unbekannt und wird beispielsweise in der französischen und englischen Rugby-Liga oder der KHL im Eishockey verwendet.
Doch ist ein solches Modell auch in der Bundesliga praktikabel?
Denkbar ist es, mit Sicherheit. "Es gibt keine Denkverbote", hatte es Hannovers Boss Martin Kind im CHECK24 Doppelpass auf SPORT1 ausgedrückt. Er ist ein Befürworter des Salary Cap, genau wie DFL-Geschäftsführer Christian Seifert, der die radikale Systemänderung einer Deckelung der Gehälter ins Spiel gebracht hat.
Vorab muss aber klar sein, dass es eine europaweite und mit EU-Recht vereinbare Regelung bräuchte, da die Bundesliga-Klubs sonst in den internationalen Wettbewerben nicht mehr konkurrenzfähig wären. Immerhin würden die Stars der deutschen Top-Klubs wohl nicht mehr lange mit einem Wechsel warten, wenn sie in England, Spanien, Italien oder Frankreich deutlich mehr Geld verdienen würden.
Harter Cap und Soft Cap als Möglichkeiten
Bei dem Salary-Cap-System gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Ein Modell ist der harte Cap, der beispielsweise in der NFL gilt.
Das bedeutet, dass kein Team mehr als eine bestimmte Summe an Gehältern ausgeben darf. Im Jahr 2020 beträgt diese in der NFL knapp 200 Millionen Dollar.
Mit einem Blick auf die Bundesliga fällt auf, dass die Vereine komplett unterschiedliche Summen an Gehältern zahlen. Der FC Bayern überweist seinen Spielern beispielsweise derzeit rund 315 Millionen Euro im Jahr, Borussia Dortmund etwa 138 Millionen Euro. Der Tabellenletzte SC Paderborn hingegen nur gut acht Millionen Euro.
Bei dieser Ungleichheit erscheint es als sehr fraglich, ob und in welcher Höhe eine solche harte Grenze Sinn ergeben würde.
Eine andere Möglichkeit ist der Soft Cap. Bei diesem Modell gibt es zwar auch eine Zahl als Gehaltsobergrenze, diese darf allerdings überschritten werden.
Dann wird eine so genannte Luxussteuer fällig, die von der Liga an die "ärmeren" Vereine ausgezahlt wird, die die geringsten Gehälter bezahlen.
Prozentquote als Lösung?
Wahrscheinlicher ist wohl ein Modell, das dem der US-amerikanischen Fußballliga MLS ähnelt.
Dort gibt es eine Richtlinie, die sich auf das Durchschnittsgehalt der Spieler bezieht. Als Ausnahmen können bis zu drei Spieler verpflichtet werden, die nicht für den Salary Cap zählen.
Für den europäischen Fußball müsste aber auch dieses System wohl noch abgeändert werden. Denkbar: Die Klubs einigen sich auf eine prozentuale Quote.
Beispielsweise dürften die Vereine dann nur 30 Prozent ihres Umsatzes für Gehälter aufwenden. Somit wäre der Vorteil für die größeren Klubs weiter gegeben, aber auch nicht so groß wie zuvor. Außerdem wäre eine finanzielle Sicherheit für die Klubs gewährleistet, die kein hohes Risiko mehr gehen könnten.
Der FC Bayern gibt derzeit bei einem Umsatz von rund 750 Millionen Euro etwa 42 Prozent für Gehälter aus. Schalke 04 setzt etwa 275 Millionen Euro im Jahr um, rund 35 Prozent davon werden für Spielergehälter ausgegeben.
Der SC Paderborn landet prozentual mit 31 Prozent (Umsatz: 27 Millionen Euro) noch vor dem BVB. Interessant: Der SC Freiburg überweist seinen Profis 42 Prozent des Umsatzes (96 Millionen Euro), genau wie die Bayern.
Bei diesen Zahlen stellt sich die Frage, ob eine Quote überhaupt viel verändern würde. Um einen Systemwechsel herbeizuführen, dürfte die Quote wohl nicht höher als bei rund 30 Prozent liegen. Dass die Top-Klubs das mittragen, ist eher unwahrscheinlich.
Rummenigge sprach sich für Salary Cap aus
Dennoch könnten auch die finanzstärkeren Klubs in Deutschland einer solchen Regelung unter Kompromissen zustimmen. Bayerns Aufsichtsratsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge soll sich laut Seifert sogar schon vor einigen Jahren für einen Salary Cap stark gemacht haben.
Die Frage ist nur, ob europäische Schwergewichte wie der FC Barcelona, Real Madrid, Paris Saint-Germain und die englischen Top-Klubs um den FC Liverpool und Manchester City bei einem solchen Modell mitmachen würden.
Barca gibt derzeit jährlich utopische 529 Millionen Euro für Spielergehälter aus. Konkurrent Real etwa 431 Millionen Euro. PSG steht bei 337 Millionen Euro, Manchester United bei 334 Millionen Euro, auf Platz fünf folgt der FC Bayern.
Es erfordert daher eine gehörige Portion Optimismus, daran zu glauben, dass die Branche Profifußball wirklich bereit ist, die Zeit ihrer Zügellosigkeit zu beenden.