Jetzt beginnt sie so richtig, die Mission Aufstieg beim Hamburger SV.
So baut HSV für Mission Aufstieg um
Nach 29 Tagen Sommerpause bat Trainer Dieter Hecking seine Spieler am Montag unter Ausschluss der Öffentlichkeit zunächst zu den obligatorischen Medizin- und Leistungstests, am Mittwoch hat der Nachfolger von Hannes Wolf dann zum offiziellen Trainingsauftakt geladen.
Für den einstigen Bundesliga-Dino ist es nach einem umfassenden Umbau der Neustart.
Denn beim HSV ist dieser Tage so gut wie alles neu: Trainer, Sportdirektor, Spieler. Auch Präsident Marcell Jansen ist noch nicht einmal ein halbes Jahr im Amt.
HSV zum Umbruch gezwungen
Nachdem der direkte Wiederaufstieg in der abgelaufenen Spielzeit verpasst wurde, hat bei den Verantwortlichen nun gezwungenermaßen ein Umdenken stattgefunden.
Die Tatsache, ein zweites Jahr in Liga zwei verbringen zu müssen, schränkt den finanziellen Spielraum des Vereins deutlich ein.
Von Großverdienern wie Pierre-Michel Lasogga oder Lewis Holtby hat man sich bereits getrennt, auch die Zukunft von Douglas Santos, Kyriakos Papadopoulos oder Rückkehrer Bobby Wood ist noch offen.
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Im Gegenzug lässt die Liste der bisher getätigten Transfers den Schluss zu, dass man in Hamburg nun endgültig nicht mehr nach Namen, sondern nach einem klaren Plan einkauft.
Mit Torwart Daniel Heuer Fernandes (Darmstadt 98), David Kinsombi (Holstein Kiel), Jeremy Dudziak (St. Pauli) sowie Jan Gyamerah und Lukas Hinterseer (beide VfL Bochum) stehen bereits fünf Neuzugänge fest, die allesamt aus der 2. Liga kommen und ins neue Anforderungsprofil beim HSV passen sollen.
Auch der Wechsel von Sonny Kittel (FC Ingolstadt) soll in den nächsten Tagen dingfest gemacht werden.
Neue Bescheidenheit in Hamburg
"Die entscheidende Frage, die wir allen stellen, ist: Siehst du dich als Teil des Ganzen, als Teil dieses HSV, und bist du bereit dazu, unter den gegebenen Bedingungen den aufgezeigten Weg mitzugehen?", formuliert der neue Sportvorstand Jonas Boldt das neue Anforderungsprofil.
"Denn das Wichtigste ist, dass jeder weiß, was es bedeutet, für den HSV zu spielen. Das hat mit Identifikation zu tun. Du musst nachvollziehen können, was die Menschen hier in den letzten Jahren mitgemacht haben, wie sie gelitten haben, wie die aktuelle Situation ist und was die Ziele sind, die du mit diesem Klub erreichen kannst, wenn du die Herausforderung annimmst“, führt der 37-Jährige den neuen Anspruch beim HSV weiter aus.
An der Elbe will man wieder eine Mannschaft sehen, keine Einzelkünstler. Ehrliche Arbeit vor Spektakel lautet das neue Motto. Bescheidenheit statt Prunk.
Stadionuhr als Zeichen
Auch abseits des Rasens wird diese neue Devise bereits in die Tat umgesetzt.
Das Abbauen der berühmten Stadion-Uhr war ein erstes Indiz. Die Stadion-Hymne "Hamburg, meine Perle", in der sich Lotto King Karl über Konkurrenten im Europapokal lustig macht, steht ebenfalls auf dem Prüfstand.
In Hamburg tut sich offensichtlich etwas. Man trennt sich von alten Eitelkeiten, versucht die Schere zwischen Anspruch und Wirklichkeit wieder kleiner werden zu lassen.
Hinter den Kulissen ist man bemüht, das über Jahre selbst verschuldete Negativ-Image samt überzogener Ansprüche abzuschütteln.
Die Öffentlichkeit soll nicht mehr den Prügelknaben mit den überbezahlten Stars wahrnehmen, sondern einen Verein, der sich seiner Situation und jüngsten Vergangenheit bewusst ist – und sich mit ehrlicher Arbeit wieder dorthin zurückkämpfen möchte, wo ein Verein mit einer solchen Geschichte und Tradition hingehört.
Schmaler Grat
Damit dieses Vorhaben gelingt, dürfen die Hanseaten wiederum nicht zu viel Qualität abgeben.
Auf Hecking kommt darüber hinaus die schwierige, aber auch reizvolle Aufgabe zu, seiner neuen Mannschaft sowohl einen neuen Spielstil, als auch eine neue Mentalität einzuimpfen.
Ein schmaler Grat für einen Verein, der sich trotz aller öffentlichen Bemühungen nach seinem eigenen Selbstverständnis lieber heute als morgen zurück in der höchsten deutschen Spielklasse sieht.
Erster Prüfstein DFB-Pokal
Im Rahmen der Vorbereitung absolviert der HSV vom 8. bis zum 14. Juli ein Trainingslager im österreichischen Kitzbühel. Zwei Wochen nach dem Ligaauftakt treffen die Hanseaten in der ersten Runde des DFB-Pokals auf den Drittligisten Chemnitzer FC.
Ein frühes Pokal-Aus gegen den vermeintlichen Underdog und die ersten Unruhen im Hamburger Umfeld dürften vorprogrammiert sein.
Dann wird sich zeigen, wie stabil und resistent der "neue“ HSV daherkommt – insbesondere in der Führungsetage.
Zunächst bleiben Hecking und seiner neu formierten Mannschaft jedoch knapp sechs Wochen Zeit, in denen sie in Ruhe alle Neuerungen verinnerlichen können.
Ein drittes Jahr im Bundesliga-Unterhaus will in Hamburg trotz der neuen Bescheidenheit niemand erleben.