Stefan Effenberg hatte seine Urkunde schon erhalten, als Sören Osterland auf die Bühne gerufen wurde.
Ein Wunderknabe ist Effenbergs Löw
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Mehmet Scholl, Christian Wörns, Jörg Heinrich und die meisten anderen Absolventen des Trainerlehrgangs 2012 ebenso.
Die Jahrgangsbesten unter den Fußballlehrern bekommen vom DFB ihre Urkunden immer als Letzte, nach Osterland wurde nur noch Alexander Zorniger auf die Bühne gerufen. Während des Lehrgangs waren Zorniger und Osterland, mit damals 26 Jahren der jüngste Absolvent aller Zeiten, die Überflieger gewesen. Ihre Abschlussnoten: 1,0.
Zorniger macht sich gerade beim VfB nicht nur Freunde mit seinem radikalen Harakiri-Pressing-Fußball und seinem Hang zum Anmotzen der eigenen Spieler. Osterland soll Effenberg dabei helfen, dessen Trainerdebüt beim SC Paderborn zu einem erfolgreichen zu machen.
Erst Scholl, dann Effenberg
Effenberg ist schon der zweite Absolvent aus dem 58. Jahrgang der Hennes-Weisweiler-Akademie, der Osterland zu seinem Assistenten gemacht hat. Direkt nach dem Lehrgang machte ihn Mehmet Scholl, mit dem sich Osterland am besten verstanden hatte, zu seinem Co-Trainer bei der U23 des FC Bayern. Nach einem Jahr war Schluss, Scholl wurde wieder Spiele-Analysierer bei der ARD - und lästerte später über Laptop-Trainer und Typen mit Kursbestengesichtern.
Osterland ging nach Hannover und übernahm als Cheftrainer die U23 der Niedersachsen.
Cheftrainer mit 27. Ungewöhnlich, aber für Hannover kein Problem. Zumindest bis April 2015. Da teilten die Niedersachsen dem gebürtigen Stendaler mit dass er gehen solle. Der Grund: Er sei zu jung.
"Vielleicht bin ich langsamer gealtert als erwartet", sagte Osterland dazu. Galgenhumor. Im Umfeld der 96er hieß es eher: Osterland, der sehr beliebt bei seinen Spielern gewesen war, sei den Bossen zu unbequem gewesen. Mit Scholl und Effenberg scheint ihn nicht nur der Humor, sondern auch die klare Kante zu verbinden.
Osterland ist Bayern-Fan
Nach drei Monaten bei der U19 des ungarischen Verbands, hat ihn Effenberg nun in die Zweite Liga geholt.
So schließt sich der Kreis. Osterland ist seit seiner Kindheit Bayern-Fan, 2001 hingen Poster von Scholl und Effenberg in seinem Zimmer. Während des Lehrgangs schrieb er, wie Effenberg am Mittwoch bei seiner Vorstellung launig offenbarte, auf seinem Laptop ein paar Texte für seinen neuen Chef.
"Mein Co-Trainer Sören Osterland ist natürlich ein Experte am Laptop, dann stimmt die Mischung wieder. Er hat auch viel für mich geschrieben beim Lehrgang. Nein, so war das nicht gemeint: Hätte ich selber getippt, würde ich heute noch da sitzen", sagte Effenberg.
Doch man darf sich Osterland nicht als dankbaren Verehrer seiner Kindheitshelden vorstellen. Dafür ist der junge Mann, der seine Spielerkarriere früh wegen seiner Trainer-Ambitionen beendete, um einiges zu ehrgeizig.
Rolle wie Löw unter Klinsmann
Osterland soll vielmehr die Rolle einnehmen, die Joachim Löw einst in der Nationalmannschaft unter Jürgen Klinsmann hatte. Osterland ist der Mann für die spielerischen Feinheiten. Und Effe eben der Cheffe.
Schon bei der ersten gemeinsamen Trainingseinheit am Mittwoch fiel auf, dass Osterland den Spielern die Übungen erklärte und die Kommandos gab. Effenberg, der Teamchef, schaute zu, korrigierte hier und dort.
Sicher, Effenberg hätte sich für seinen ersten Trainerjob auch einen erfahreneren Assistenten suchen können. Doch er entschied sich für die innovative Lösung, für den Trainer-Wunderknaben Osterland.