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"Ein Problem der Glaubwürdigkeit"

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"Ein Problem der Glaubwürdigkeit"

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"Ein Problem der Glaubwürdigkeit"

Vor dem Spiel beim FC St. Pauli spricht der frühere Löwen-Sportchef Miroslav Stevic über die aktuelle Situation bei 1860 München.
Miroslav Stevic (l.) traf sich mit SPORT1-Reporter Reinhard Franke zum Interview
Miroslav Stevic (l.) traf sich mit SPORT1-Reporter Reinhard Franke zum Interview
© Getty Images
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Miroslav Stevic schaut regelmäßig Zweite Liga.

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Und da hat der 44-Jährige natürlich auch seinen Ex-Verein 1860 München genau im Blick.

Zwischen 1994 und 1998 absolvierte Stevic für die Löwen 104 Bundesligaspiele.

Nach seiner aktiven Karriere war er von 2009 bis zum Ende der Saison 2010/11 Sportdirektor beim Münchner Traditionsverein.

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Nach seiner Entlassung sprach er nicht mehr ausführlich über 1860. Zu groß war die Enttäuschung beim Serben.

Bis jetzt. Im SPORT1-Interview nimmt explizit Stellung zur Situation beim angeschlagenen Zweitligisten.

SPORT1: Herr Stevic, 1860 steckt wieder in der Krise. Was denken Sie dabei?

Miroslav "Miki" Stevic: Nachdem ich bei Sechzig gehen musste, war ich so enttäuscht, dass ich lange Zeit gar nichts zu dem Verein sagen wollte, jetzt spreche ich zum ersten Mal wieder über die Löwen. Das erste Spiel, das ich wieder besucht habe, war das Pokalspiel gegen meinen Ex-Verein Borussia Dortmund. Ich blicke immer mit einem Auge auf den Klub, weil ich dort selber gespielt habe und auch als Sportdirektor gearbeitet habe.

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SPORT1: Nur zwei Punkte aus den ersten vier Spielen. Zu wenig für die Ansprüche, oder?

Stevic: Die Tabelle ist eine Momentaufnahme. Nach vier Spielen kann man noch nicht viel sagen. Was mich allerdings beunruhigt, ist die Art und Weise, wie man in den ersten Spielen aufgetreten ist. Die Handschrift des Trainers ist sehr wichtig, das sieht man bei Jürgen Klopp in Dortmund. Das kann man bei 1860 noch nicht erkennen. Der Stress und die Hektik sind nichts Neues im Verein, nur die Darsteller in den Rollen sind neu. Ich hoffe, dass die handelnden Personen mehr Zeit bekommen als es früher der Fall war.

SPORT1: Trainer Ricardo Moniz stand zuletzt in der Kritik. Ist er der Richtige?

Stevic: Das ist schwer zu beurteilen. Wenn man sich entschieden hat, einen Weg zu gehen, dann muss man auch in schwierigen Zeiten zusammen halten, das ist wie in einer Ehe (lacht). Natürlich gibt es bei Sechzig schnell Theater, wenn es nicht läuft, doch damit muss jeder leben, der bei diesem Verein einen Vertrag unterschreibt. Ich glaube jedoch, dass die Leute, die den Verein jetzt führen, genug Qualität haben für die richtigen Entscheidungen.

SPORT1: War Moniz' Ankündigung, Meister werden zu wollen, falsch?

Stevic: Ich kenne ihn nicht persönlich, habe nur gehört, dass er sehr gut mit jungen Spielern umgehen kann. Dass er gesagt hat, man wolle Meister werden, war sehr abenteuerlich. Jeder, der zu 1860 kommt, muss das Ziel Aufstieg im Hinterkopf haben, aber wie er das ausgedrückt hat, ist fragwürdig. Jetzt bekommt Herr Moniz das als Bumerang zurück. Es war zwar ehrlich, was er gesagt hat, aber das muss auch in der Praxis umgesetzt werden.

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SPORT1: Sportchef Gerhard Poschner hatte keine leichte Aufgabe mit der Zusammenstellung des neuen Kaders, oder?

Stevic: Am Ende des Tages zählen Ergebnisse. So ist das im Leistungssport. Gerhard hat bestimmt vom ersten Tag alles dafür getan, dass Sechzig erfolgreich ist. Es war eine ähnliche Situation wie damals, als ich Sportdirektor wurde. Wir hatten damals auch wenig Zeit, um deutsche Spieler zu verpflichten.

SPORT1: Aber jetzt hat man einen Investor.

Stevic: Ganz genau. Jetzt hat man einen potenten Investor im Rücken und das ist ein Vorteil. Ich hatte dieses Glück nicht. Früher hatte man einige Spieler aus der eigenen Jugend in der Hinterhand, mit denen sich die Fans identifizieren konnten. Diese Spieler fehlen gerade und das ist sehr problematisch. Ein Fan will Spieler haben, die das Gesicht des Vereins bilden.

SPORT1: Benny Lauth und Daniel Bierofka sind weg. Zuletzt wurde mit Gabor Kiraly auch noch die letzte Identifikationsfigur verkauft. Womit will sich der Fan noch identifizieren?

Stevic: Der kürzeste Weg zur Identifikation ist Erfolg. Letztendlich wird nicht gefragt, wer auf dem Platz steht, wenn der Erfolg da ist. Natürlich ist es immer besser, wenn Jungs aus dem Verein auf dem Rasen stehen. Wenn du in Bayern bayrisch kochen willst, und nur Zutaten aus dem Ausland holst, dann schmeckt es nicht. Das Rezept muss aus dem eigenen Land sein. Gute Spieler kann man kaufen, man kann sie auch selber machen, doch das braucht Zeit. Vielleicht wird von einigen der Neuen bei 1860 in einem Jahr in Superlativen gesprochen.

SPORT1: Glauben Sie? Richtig überzeugen konnte bisher von elf Neuen nur Rubin Okotie.

Stevic: Du kannst die Persönlichkeit nicht zusammen basteln. Die ist angeboren. Sechzig braucht drei, vier gestandene Persönlichkeiten, dann würde der Integrations- und Entwicklungsprozess für die jungen und ausländischen Spieler viel leichter gehen.

SPORT1: Trauern Sie der Zeit bei den Löwen nach?

Stevic: Ja. Das war eine große Erfahrung für mich - beruflich und menschlich. Heute kann ich sagen, dass ich einige Entscheidungen anders getroffen hätte. Ich hätte den Weg damals gerne zu Ende gebracht, weil wir eine sehr gute Truppe hatten. Alle diese Jungs, mit denen ich damals zusammen gearbeitet habe, sind heute Erstligaspieler. Mein Herz ist glücklich, wenn ich sehe, dass elf, zwölf Spieler (unter anderem Stefan Aigner, Daniel Halfar, Jose Holebas oder Kevin Volland, Anmerk. d. Red.) inzwischen eine gute Rolle bei Erstligisten spielen. Das zeigt, dass ich nicht alles falsch gemacht habe.

SPORT1: Glauben Sie, dass 1860 noch eine Rolle im Aufstiegsrennen spielen kann?

Stevic: Momentan sieht es nicht danach aus. Alle im Verein und im Umfeld haben etwas anderes erwartet, aber am Ende des Tages kann Sechzig vielleicht doch noch die Ziele erreichen, wenn man aus den Fehlern, die man in den ersten Spielen gemacht hat, lernt und versucht mit ganzer Kraft die Ziele zu erreichen. In der Zweiten Liga ist jede Woche alles möglich.

SPORT1: Welche Fehler meinen Sie?

Stevic: Ein ganz großer Fehler war es, einem jungen Spieler, der erst ein paar Spiele gemacht hat, die Kapitänsbinde zu geben (Julian Weigl, Anm. d. Red.). Das war ein Fehler gegenüber dem Spieler und gegenüber der ganzen Mannschaft. Das ist ein junger Bursche mit einem guten Charakter, und ihm einen schweren Stein auf den Rücken zu hängen, war die falsche Entscheidung. Ein weiterer Fehler war es, nachdem man Spieler sanktioniert hat, dann am nächsten Tag alles zurückzunehmen. Das ist ein Problem der Glaubwürdigkeit. Du weißt als Fan nicht mehr, was du denken sollst.