Die Sekunden vor dem Anpfiff sind die Ruhe vor dem Sturm.
Der krasseste Ballsport der Welt
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Wenn der Ball erst einmal ins Wasser geworfen wird und die beiden Teams frontal aufeinander zu paddeln, ist beim Kanupolo nur noch knallharte Action angesagt (Die World Games LIVE im TV auf SPORT1 und im LIVESTREAM).
Am besten kann dieses interessante Spiel wohl mit Handball oder Wasserball in Kanus beschrieben werden, wobei die Härte in den Zweikämpfen eher an Rugby erinnert - mit dem Unterschied, dass den Ballführenden der Kontrahent auch noch unter Wasser tauchen darf. Es schlaucht dermaßen, dass ständig fliegend ausgewechselt wird.
"Es gibt schon häufig Körperkontakt. Meistens sieht es aber schlimmer aus als es ist. Die kleinen Dinge, wie Paddelschlag auf die Hand, sind schmerzhafter als Boote, die kollidieren. Es ist ein extrem forderndes Spiel und geht richtig auf Arme und Kondition", erklärt die deutsche Torhüterin Fabienne Thöle im Gespräch mit SPORT1.
Deutschland hat die weltbeste Kanupolo-Torhüterin
Eine Partie dauert zweimal zehn Minuten, bei den World Games und anderen Turnieren wird aber bis zu viermal täglich gespielt.
Der Ball muss in das rund zwei Meter über den Wasser hängende gegnerische Tor befördert werden (mit Hand oder Paddel), der fliegend eingesetzte Torhüter kann also nur mit seinem Paddel abwehren. Er muss laut der Expertin Thöle extrem gute Reflexe haben und Wurfvarianten antizipieren können.
Neben der physischen Komponente ist die Taktik aber extrem wichtig. Man muss die Schwachstellen in der Verteidigung finden, um einen freien Wurf zu kreieren.
"Speziell bei uns Frauen kannst du mit System und taktisch klugem Spiel viel gewinnen. Bei den Männern sind alle körperlich sehr stark, im Gegensatz dazu rotieren wir auch oft die Gegenspieler, wenn jemand besser zu einem anderen Gegner passt", sagt die 26-Jährige, die als beste Torhüterin der Welt gilt.
Deutschland dominiert international
Deutschland ist weltweit die dominierende Nation. Das ist nicht überraschend, wenn man sich die Erfolgsbilanz der Rennkanuten anschaut, die regelmäßig den olympischen Medaillenspiegel aus deutscher Sicht retten.
Die Frauen gewannen bisher fünf WM-Titel, während die Männer noch auf den ersten Erfolg warten, aber immerhin fünf EM-Titel aufweisen können - zuletzt zweimal in Folge.
Bei den letzten World Games 2013 in Cali gewannen beide Teams Gold. Am ersten Tag in Breslau gewannen die deutschen alle Spiele und untermauerten ihre Ambitionen eindrucksvoll: "Das Ziel ist Gold, am ersten Tag hatten wir leichte Startschwierigkeiten, aber dann lief es gut", sagt Thöle.
Am Samstagvormittag zeigten beide Teams jedoch erste Schwächen. Die Männer mussten sich mit einem 2:2 gegen Spanien zufrieden geben, gewannen später gegen Taiwan aber mit 8:1. Die Frauen unterlagen Neuseeland mit 2:3.
Aber woher kommt die deutsche Dominanz? "Die Bundesliga ist bei Männern und Frauen sehr stark. Da hilft der Wettkampf auf internationalem Level dann enorm. Im Vergleich zu anderen Ländern wird bei uns in den Vereinen sehr gute Nachwuchsarbeit geleistet. Wir kooperieren zum Beispiel auch mit Schulen", erklärt Thöle.
Hartes Training für Traum von Olympia
Der Sport - in England entstanden - wird in Deutschland bereits seit 1927 ausgetragen. Damals noch an Fußball angelehnt mit Elf gegen Elf. Die erste WM fand jedoch erst 1994 in Sheffield statt.
Die deutschen Spitzenspieler trainieren neben Beruf oder Studium zwischen vier und sieben Mal pro Woche im Wasser, "dazu kommt aber noch zusätzliches Fitnesstraining wie Laufen", betont Thöle.
Die Sportart wächst auch international und hat definitiv mit seinen spektakulären Szenen TV-Potenzial - eine gute Kombination für eine Aufnahme ins Olympische Programm.
"Die Kombination aus Boot und Ball ist für mich einfach sehr attraktiv. Olympia ist unser großes Ziel. Ich denke, wir sind auch auf dem richtigen Weg - speziell wenn die Medienaufmerksamkeit größer wird", sagt Thöle. Eine Bereicherung wäre Kanupolo in jedem Fall.