Im Moment ihres größten sportlichen Triumphs hatte Laura Dahlmeier die dunkelsten Stunden ihrer Karriere nicht vergessen.
Goldene Genugtuung nach Olympia-Debakel
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"Olympia war eine ganz schwere Zeit", sagte die 21-Jährige: "Aber wir sind daraus gestärkt hervorgegangen."
Nur 385 Tage nach dem Debakel in Sotschi haben die deutschen Biathletinnen mit einer Galavorstellung und WM-Gold in der Staffel in Kontiolahti eine bemerkenswerte Auferstehung gefeiert, mit der so schnell niemand gerechnet hatte.
Debakel nach Dopingfall Sachenbacher-Stehle
"Wenn man weiß, wie sich eine riesige Niederlage anfühlt, dann ist alles, was danach kommt, gar nicht mehr so schlimm", sagte Dahlmeier.
Am 21. Februar 2014 war sie Teil des Teams, das in Russland nach einem katastrophalen Rennen nur auf Platz elf lief.
Vom wenige Stunden zuvor bekannt gewordenen Dopingfall um Evi Sachenbacher-Stehle völlig verunsichert, erlebten die Skijägerinnen den schwärzesten Tag ihrer Geschichte.
Neue Generation deklassiert Konkurrenz
Etwas mehr als ein Jahr später deklassierten Dahlmeier und Co. die Konkurrenz in Finnland nun in beeindruckender Weise und sicherten sich erstmals seit drei Jahren WM-Gold.
Erstmals ohne Magdalena Neuner, erstmals ohne ein Mitglied der "goldenen Generation". Dafür mit frischen Gesichtern, die Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft machen.
"Man merkt, was in so kurzer Zeit im Biathlon möglich ist", sagte Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig, der seine Freudentränen nur schwer zurückhalten konnte.
Der Aufstieg von Dahlmeier, Preuß und Hinz
Der Thüringer sprach nach heftiger Kritik im Vorjahr von "Genugtuung" und meinte: "Wir haben im letzten Jahr viel richtig gemacht."
So sei es der richtige Weg gewesen, "den Neuaufbau nach Olympia so konsequent umzusetzen und auf diese jungen Mädels zu setzen".
Dahlmeier (21), Franziska Preuß (21) und Vanessa Hinz (22) hatten vor zwei Jahren noch gemeinsam Staffelgold bei der Junioren-WM gewonnen, nun dominierten sie gemeinsam mit Franziska Hildebrand (27) auch bei den "Großen" und siegten mit mehr als einer Minute Vorsprung vor Frankreich und Italien.
Auch Rekordweltmeisterin Neuner zeigte sich vom Titel ihrer Nachfolgerinnen beeindruckt.
"Mädels, ich gratuliere euch ganz, ganz herzlich. Wie cool war das denn?", schrieb Neuner bei Facebook: "Feiert schön und genießt euren tollen Erfolg! Fühlt euch gedrückt."
Preuß besiegt das Trauma
Nachdem es sowohl bei der WM 2013 als auch bei Olympia in Sotschi keine Goldmedaille gegeben hatte, erklang nun wieder die deutsche Nationalhymne.
"Wir sind jetzt Weltmeister, alles andere ist wurscht. Das kann uns keiner mehr nehmen", sagte Preuß, die vor dem Rennen "großen Schiss hatte, alles zu versauen".
Die Bayerin war im Vorjahr noch das Gesicht des Misserfolgs, nachdem sie im Olympiarennen erst stürzte, sich den Stock brach, und schließlich verzweifelt versuchte, Schnee aus ihrem Gewehr zu pusten.
Auch Dahlmeier gestärkt
Auch wenn sich Dahlmeier rückblickend wünschte, "das alles nicht erleben zu müssen", so sagt sie jetzt: "Wenn man mal so etwas Negatives erlebt hat, dann genießt man die positiven Momente viel mehr. Ich weiß nicht, was noch kommen könnte, das mich wirklich umhaut."
Die negativen Erfahrungen bei Olympia haben sie alle gestärkt. Vor allem Dahlmeier wirkt in ihrem jungen Alter derart reflektiert und gereift, dass ihr noch viel zuzutrauen ist. Mit ihrer Silbermedaille aus der Verfolgung im Gepäck hat sie mehr erreicht, als sie je zu träumen wagte.
Vergleiche mit der jungen Neuner liegen da auf der Hand. Die Wallgauerin war nur unwesentlich jünger, als sie 2007 ihren ersten WM-Titel gewann.
Rauschende Party kommt noch
Viel Zeit für eine Party blieb den Gold-Mädels jedoch nicht, immerhin steht in Finnland am Sonntag (13.30 Uhr im LIVETICKER) noch der abschließende Massenstart auf dem Programm. "Das ist jetzt aber Zugabe, das gehen wir ganz locker an", sagte Dahlmeier.
Auf eine rauschende Siegesfeier verzichtete das Quartett. "Wir haben noch kurz mit einem Glas Sekt mit den Trainern und Betreuern angestoßen. Eine große Medaillenfeier gab's aber nicht, wir haben ja am Sonntag noch ein wichtiges Rennen vor uns", ergänzte Dahlmeier.
Die große Party soll es am kommenden Sonntag nach dem Weltcup-Finale im russischen Chanty-Mansijsk geben. "Da werden wir es richtig krachen lassen", sagte Dahlmeier.