Aus Rückschlägen kann man bekanntlich am meisten lernen.
Hype, Gegenwind - und jetzt der Durchbruch?
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So gesehen bieten das enttäuschende Playoff-Aus mit den Atlanta Hawks und der Gegenwind bei der EM eine große Chance für Nationalspieler Dennis Schröder.
Denn bei aller Kritik hat der Point Guard ein Bomben-Turnier gespielt und könnte vom personellen Umbau in Atlanta profitieren.
Macht der 22-Jährige nun den nächsten Schritt und feiert den endgültigen Durchbruch in der besten Liga der Welt?
Erst Vollgas, dann Sand im Getriebe
Schon in der regulären Saison 2014/15 hätte es für Schröder und die Hawks fast nicht besser laufen können. Die Mannschaft von Mike Budenholzer walzte mit perfektem Teambasketball zur besten Bilanz in der Eastern Conference, Schröder zeigte sich in seinem zweiten NBA-Jahr stark verbessert.
Im März legte der Point Guard starke 14 Punkte und sechs Assists in 25 Minuten Spielzeit auf, als Starter sogar 14 und 7,7.
Je näher aber die Playoffs rückten, desto mehr war Sand im Getriebe - in der Hawks-Offensivmaschine, aber auch bei Schröder selbst.
Der Deutsche zahlte in den Playoffs erneut Lehrgeld, sämtliche Zahlen gingen nach unten. Beim 0:4 in den Conference-Finals gegen die Cleveland Cavaliers durfte Schröder nur noch 13 Minuten im Schnitt auf's Parkett und agierte wenig berauschend.
Gegenwind bei der EM - aber warum eigentlich?
Nach dem frustrierenden Saisonende stand für Schröder wenig später aber schon das nächste Highlight auf dem Plan: Bei der EM-Vorrunde in Berlin ruhten die Hoffnungen der deutschen Nationalmannschaft neben Rückkehrer Dirk Nowitzki vor allen auf Schröder.
Der Youngster sollte das Zepter übernehmen und die Mannschaft führen. Die überzogene Erwartungshaltung rief nach dem Vorrundenaus in der Hammergruppe mit Spanien, Serbien, der Türkei und Italien zum Teil übertriebene und unfaire Kritik hervor.
Im Rückblick fragt man sich: Warum eigentlich?
Beim Blick auf die Zahlen wird klar, dass Schröder eigentlich eine fantastische EM gespielt hat: 21 Punkte, 6,0 Assists und 4,6 Rebounds bei 48,1 Prozent aus dem Feld und 31,6 Prozent von der Dreierlinie legte Schröder auf - und war damit in allen Belangen besser als Tony Parker bei seiner ersten EM 2003.
Mit Milos Teodosic (Serbien), Sergio Rodriguez (Spanien) und Marco Belinelli (Italien) ging es gegen Europas Guard-Elite - und auf dieser großen Bühne zeigte Schröder mehr als nur ein paar Mal sein enormes Potenzial.
Rückendeckung von Nowitzki und Okulaja
Natürlich hat der Youngster Fehler gemacht. Seine Taktik-Kritik an Bundestrainer Chris Fleming sorgte für Aufsehen, bei Ballverlusten (4,2 pro Spiel) und angeblich zu egoistischer Spielweise musste sich Schröder ebenfalls geißeln lassen. Aber zur Erinnerung: Der Point Guard war gerade einmal 21 Jahre alt.
Nowitzki verteidigte Schröder dann auch gegen die Vorwürfe. "Dennis hat ein Riesenturnier gespielt. Er hat uns immer nach vorne gepeitscht", sagte der 37-Jährige der Frankfurter Rundschau: "Ich kann mich noch an meine erste EM 1999 in Frankreich erinnern. Da war ich 21 und habe bei weitem nicht so ein gutes Turnier gespielt."
Mentor Ademola Okulaja stärkte Schröder bei SPORT1 ebenfalls den Rücken: "Dennis ist der beste Point Guard, den Deutschland jemals hatte. Punkt."
Schröders Qualitäten Gold wert für die Hawks
Die Chancen stehen gut, dass Schröder den Frust und die Kritik in der kommenden Saison in Leistung ummünzt und bei den Hawks den endgültigen Durchbruch schafft.
Das NBA-Spiel, wo im Vergleich zu Europa die Zone nicht von Big Men zugeparkt werden darf, liegt dem flinken Guard ohnehin besser. Mit seiner Schnelligkeit und Athletik ist Schröder Gold wert für die Hawks.
Dazu ist Atlantas Coach Mike Budenholzer überzeugt von Schröders Potenzial und Fähigkeiten, mit Jeff Teague hat der Deutsche eine Lehrmeister, mit dem er auch gleichzeitig auf dem Feld stehen kann.
Umbau als Chance
Im erzwungenen Umbau bei den Hawks liegt die große Chance für Schröder. Nach dem Abgang von Small Forward DeMarre Carroll sind die Falken auf dem Flügel dünn besetzt.
Thabo Sefolosha kommt erst von seinem Fußbruch zurück, als Ersatz stehen mit Kent Bazemore (Wurf) und Tim Hardaway jr. (defensives Engagement) zwei Spieler bereit, die klare Schwächen haben.
So könnte Schröder nicht nur als Backup von Teague zum Einsatz kommen, sondern neben dem Point Guard spielen, wenn Super-Shooter Kyle Korver auf die Drei rückt.
Durch die Akquisition des defensivstarken Centers Tiago Splitter haben die Hawks jetzt aber auch die Option, groß zu spielen, mit Al Horford als Power Foward und Paul Millsap auf Small Forward. Backup Schröder wird dann mit seinem Speed gebraucht, um den Teamkollegen leichte Würfe zu verschaffen.
Nicht wenige Experten trauen Schröder eine Breakout-Saison zu. Die nötige Motivation dürfte er im Sommer getankt haben.