Die Zeichen standen eigentlich auf Neubeginn: Niki Pilic war da, der neue Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann natürlich auch.
Kohlschreiber: "Ich bin immer der Böse"
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Aber der gefragteste Mann im Auditorium war im Vorfeld der am Freitag beginnenden Erstrundenpartie gegen Vorjahresfinalist Frankreich in Frankfurt am Main Philipp Kohlschreiber. Wieder mal.
Ausgerechnet an der Stätte des großen Eklats von 2014, an dem die deutsche Nummer eins seine erhebliche Mitschuld trug, sinnierte Kohlschreiber über sein Buhmann-Image.
"Bin ich ruhig, bin ich der Böse. Sage ich etwas, bin ich auch der Böse", meinte er und wirkte im Kampf gegen den eigenen Ruf desillusioniert: "Es ist egal, was ich mache." Kohlschreiber ist immer der Böse.
Kohlschreiber als Königsmörder?
Als doppelter Könisgmörder sieht sich der Weltranglisten-28. aus Augsburg nicht. Für Kritiker, die behaupten, er habe einen Löwenanteil an den Entlassungen der letzten beiden Teamchefs Carsten Arriens und Patrick Kühnen, hat "Kohli" gemeinhin nur ein verständnisloses Kopfschütteln übrig.
Er habe "nichts mit diesen Abgängen" zu tun. "Auch wenn man mir das ankreiden will. Der DTB trifft die personellen Entscheidungen", sagt der 31-Jährige, der in dieser Saison von bisher sieben Matches auf der ATP-Tour nur zwei gewinnen konnte.
Bedingungen für seinen Einsatz im Davis-Cup-Team hat Kohlschreiber nach eigenen Angaben keine gestellt. Gespannt sein darf man, wie die Frankfurter Zuschauer auf ihn reagieren werden. Ob er Pfiffe fürchtet? "Ich hoffe, dass das Publikum dem deutschen Team hilft. Ich bin ein Teil davon und guter Dinge", sagt Kohlschreiber dazu.
Kohlschreiber hofft auf Unterstützung
Doch die Erinnerungen an den letztjährigen Skandal werden einigen Besuchern noch sehr präsent sein. Kohlschreiber hatte sich beim 4:1-Sieg gegen Spanien nicht in der Lage gefühlt, das sportlich unbedeutende dritte Einzel am Sonntag zu spielen. Da auch Tommy Haas und Florian Meyer verletzt ausgefallen waren, kam es zum Eklat, der den Anfang vom Ende der Amtszeit Arriens einläutete.
Bei der Rückkehr in die Mainmetropole zeigte sich Kohlschreiber aber durchaus selbstkritisch. Der Vorfall gegen Spanien sei ein Ereignis gewesen, "das immer in unserem Gedächtnis bleibt", sagte die deutsche Nummer eins in der Sendung "Heimspiel" des hr-Fernsehens und kündigte an: "Rückblickend betrachtet, wollen wir den nächsten Schritt machen, um das wieder gut zu machen."
Kritik äußerte Frankreichs Teamchef Arnaud Clement an den Frankfurter Vorkommnissen vor einem Jahr: "So etwas wäre in meiner Mannschaft undenkbar gewesen. Da ist jeder happy, wenn er spielen darf", sagte Clement. Kohlschreiber wird es vernommen haben.
Held wird man nur im Davis Cup
Der neue DTB-Berater Niki Pilic jedenfalls - 1988,1989 und 1993 als DTB-Teamchef dreimal Davis-Cup-Sieger - setzte große Hoffnungen in den Augsburger. "Philipp ist ein sehr, sehr wichtiger Mann in diesem Team. Er geht positiv an die Sache heran", sagt Pilic und berichtete von Vier-Augen-Gesprächen mit Kohlschreiber. Dabei habe er ihm vermittelt, "dass man nur im Davis Cup zum Helden werden kann".
Allerdings ließ Teamchef Kohlmann am Dienstag die Besetzung der beiden Einzel noch offen, da Kohlschreiber an den Folgen einer fiebrigen Erkältung laboriert.
"Ich bin aber sehr guter Dinge, dass ich für den Freitag im Vollbesitz meiner Kräfte bin", meinte Kohlschreiber, für den der Auftritt in der Fraport-Arena zu einer Art Vergangenheitsbewältigung wird.