Resignation statt Rekord, Sinnfrage statt Siegerpose.
Aus Felix Sturm sprach in der Nacht zum Sonntag die pure Ernüchterung.
Resignation statt Rekord, Sinnfrage statt Siegerpose.
Aus Felix Sturm sprach in der Nacht zum Sonntag die pure Ernüchterung.
"Das, was ich mir vorgenommen hatte, konnte ich nicht umsetzen. Ich habe es ihm zu einfach gemacht. Es gibt keine Ausreden", sagte der Supermittelgewichtler knapp zwei Stunden nach seiner enttäuschenden Punktniederlage gegen den Russen Fjodor Tschudinow und fügte pflichtbewusst hinzu: "Er hat verdient gewonnen, ich kann ihm nur gratulieren."
Wieder einmal war Sturm weit unter seinen Möglichkeiten geblieben. Noch weiter als bei den Kämpfen gegen Sam Soliman (Niederlage) und Robert Stieglitz (Unentschieden) zuvor. Sogar so weit, dass er nun einen vorzeitigen Rückzug aus dem Profiboxsport erwägt.
Statt im Herbst endlich zum lang ersehnten Duell mit WBO-Champion Arthur Abraham in den Ring zu treten, könnte der 36-Jährige seine Handschuhe nun also vorzeitig an den Nagel hängen.
"Ich werde mir sehr, sehr gut überlegen, was ich mache", sagte Sturm knapp zwei Stunden nach dem Kampf am Samstagabend in Frankfurt bei der Pressekonferenz auf SPORT1-Nachfrage und erklärte:
"Es könnte sein, dass das mein letzter Profikampf war. Es könnte sein, dass ich noch einen Kampf mache - einen ganz großen. Es könnte auch sein, dass ich ein Jahr Pause mache. Alles ist möglich."
Er sei nun "seit fast 15 Jahren Profiboxer und habe in dieser Zeit sehr viel erreicht und sehr viel gewonnen", sagte der gebürtige Leverkusener und fügte hinzu: "Ich habe Rekorde aufgestellt und war viermal Weltmeister. Ich kann auf eine tolle Karriere zurückblicken und tolle Geschichten erzählen."
Nun aber sei es an der Zeit, dass "wir alle gemeinsam überlegen, was das Beste für mich, für meine Familie und für das Team ist. Es gibt definitiv noch andere Sachen im Leben, keine Frage."
Der ehemalige Mittelgewichts-Champion, der bei einem Sieg über Tschudinow der erste deutsche Boxer gewesen wäre, der in seiner Laufbahn fünf WM-Titel gewonnen hätte, steht also am Scheideweg.
Nach nunmehr 48 Profikämpfen und zahlreichen Höhen - zuletzt aber auch immer häufigeren Tiefen Schluss - zu machen, ist die eine Option. Und angesichts der doch deutlich nach unten zeigenden Formkurve auch eine nachvollziehbare.
Immerhin hat Sturm seit Dezember 2013 keinen Kampf mehr gewonnen. Statt sich wie seit seinem letzten wirklich überzeugenden Erfolg gegen den Neubrandenburger Sebastian Zbik vor mittlerweile über drei Jahren auch weiterhin mehr schlecht als recht über die Runden zu quälen, könnte er nun also erhobenen Hauptes abtreten.
Oder aber er entscheidet sich für die sowohl seinem Naturell, als auch seinem Kampfnamen "The Fighter" entsprechende zweite Option und macht doch weiter.
Dann allerdings käme wohl nur der bereits angesprochene Mega-Fight gegen Abraham in Frage. Mit dem könnte Sturm nicht nur noch einmal gehörig Kasse machen. Im Erfolgsfall könnte er hier - und nur hier - auch seine mittlerweile doch recht zahlreichen Kritiker mit einem Schlag widerlegen. Es wäre ein echter Showdown. Alles oder nichts.
Dass sich Sturm noch mal für einen anderen - und für das deutsche Publikum im Zweifelsfall unattraktiveren - Gegner motivieren könnte, erscheint hingegen fraglich.
Auch einen möglichen Rückkampf gegen Tschudinow, den ihm der Russe am Samstag noch im Ring angeboten hat, dürfte es nicht geben. Zu groß war die Überlegenheit des 27-Jährigen.
Sturm wird die kommenden Wochen und Monate also dazu nutzen, eine mögliche Fortsetzung seiner Karriere auf deren Sinnhaftigkeit zu untersuchen.
"Auf so ein Auf und Ab" wie in den vergangenen Jahren, hielt er im Bauch der Frankfurter Festhalle zu später Stunde noch mal ernüchtert fest, habe er jedenfalls "keine Lust".
Und damit ist er vermutlich nicht allein.