"Mal ist man der Hund, mal ist man der Baum." Mario Götzes Antwort auf die Frage, wie er mit der Kritik umgehe, war kurz und knapp.
Verschanzt in der Wagenburg
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Derzeit dürfte sich Götze wohl eher fühlen wie der Baum - mit einer Meute Hunde drumherum.
Oliver Bierhoff sprang ihm zur Seite. Die Kritik an Götze sei ihm "nicht differenziert genug", sagte der Teammanager der Nationalmannschaft.
Es gehe schließlich "nicht nur darum, ob er einen Abschluss gehabt oder ein Tor gemacht hat", erklärte er.
Bierhoff reagiert pikiert
Als Bierhoff später gefragt wurde, ob seine frühere Geschäftsbeziehung zu einem Lebensmittelkonzern in Evian weiterlebe, reagierte er pikiert.
Er könne "darüber nur schmunzeln" und wundere sich, "dass ein Journalist überhaupt Zeit hat, sich mit einem solchen Thema zu beschäftigen."
Witzeln, schmunzeln oder die Probleme weglächeln, so wie es Bundestrainer Joachim Löw zwei Tage nach dem Spiel gegen Polen auf seiner ausführlichen Pressekonferenz tat - das DFB-Team verschanzt sich immer mehr in seiner Wagenburg.
Stimmung hat sich geändert
Als die Mannschaft vor zwei Wochen in Frankreich ankam, schien die Sonne, die Stimmung war bestens, obwohl Leistungsträger wie Bastian Schweinsteiger und Mats Hummels angeschlagen waren.
Selbst nach dem Ausfall von Hummels-Ersatz Antonio Rüdiger ging Löw sofort zur Tagesordnung über. Der Bundestrainer war tiefenentspannt, die Spieler strotzten vor Selbstbewusstsein.
Das hat sich nach den ersten beiden Spielen gegen die Ukraine und Polen geändert. Die Stimmung ist etwas gereizt, die Spieler wirken angespannt, auch wenn sie es nicht zugeben.
Kahn: Kritik prallt an keinem ab
"Die Spieler sagen ja immer, dass sie Kritik nicht an sich ranlassen. Ich kenne aber keinen Spieler auf der ganzen Welt, an dem das einfach so abprallt", sagte Oliver Kahn am Sonntag im ZDF.
"Der Einzige, den es wirklich nie gestört hat, ist vielleicht Mario Basler", berichtete der Ex-Nationaltorwart aus seiner Erfahrung bei großen Turnieren. "Aber es kostet Energie und Kraft, natürlich setzen sich die Spieler damit auseinander."
Man komme als Spieler an Themen wie Kritik "ja auch gar nicht vorbei. Du kriegst ja auch Anrufe und dies und das, hinten und vorne", erklärte Kahn und ergänzte: "Das Allerschlimmste ist, wenn du dich dann noch selber googelst - dann geht es nur negativ auf dich drauf. Damit muss man umgehen können."
Özil interessieren Kommentare nicht
Die Spieler sind in den sozialen Netzwerken sehr aktiv, Mesut Özil hat die meisten Follower aller DFB-Akteure bei Twitter, Facebook und Instagram. Doch Kritik von Außenstehenden lässt ihn kalt - behauptet er zumindest.
"Welche Kommentare die Leute abgeben, positiv oder negativ, interessiert mich nicht. Für mich zählt einzig das, was der Trainer will. Und ich genieße sein Vertrauen", sagte Özil nach dem Ukraine-Spiel im SPORT1-Interview.
Auch Götze ist ein Social-Media-Allrounder, der seine Erlebnisse gern mit anderen teilt. Doch am Sonntag gab er sich nicht sehr mitteilungsfreudig.
"Wir versuchen, die möglichst besten Lösungen zu finden", sagte er auf SPORT1-Nachfrage zu den Problemen in der Offensive. "Wir haben einen Gegner, der versucht unser Spiel zu zerstören. Aber wenn wir unsere Einstellung bewahren, bin ich mir sicher, dass wir die Spiele auch gewinnen."
Parallelen zur WM
Vor zwei Jahren waren die Reaktionen aus den Kreisen des DFB ähnlich. Die WM-Vorbereitung in Südtirol stand unter keinem guten Stern. Einige Leistungsträger waren angeschlagen, doch die Probleme wurden kleingeredet. Dazu störte ein Autounfall bei einem Sponsorentermin die Konzentration erheblich.
Während des Turniers wurde die Kritik an der Position von Philipp Lahm klein geredet, genau wie die Abwehrschwäche. Per Mertesackers Eistonnen-Interview nach dem glücklich gewonnen Achtelfinale gegen Algerien erlangte Kultstatus.
Am Ende gab der WM-Titel Löw und seinen Spielern recht.
Müller kontert
Thomas Müller konterte die Kritik in süffisanter Manier. "So richtig begeistert wart ihr selten von uns - das 7:1 gegen Brasilien mal ausgenommen", teilte er in Richtung der Medienvertreter aus.
"Wir erwarten von uns eine gute Leistung. Das Ergebnis können wir nicht garantieren", sagte er mit Blick auf das letzte Gruppenspiel am Dienstag. "Es ist keine Frage, dass wir gegen Nordirland Favorit sind. Ich würde auch einen zähen Sieg wieder nehmen und das Geschriebene dann einfach ertragen."