Der Kampf um den Klassenerhalt hält die Bundesliga bis zum letzten Spieltag in Atem. Das Abstiegsgespenst kreist weiterhin um drei Teams, die den Relegationsplatz fürchten wie der Teufel das Weihwasser.
Dreikampf um die nackte Existenz
Dabei schien noch am Samstag um 17.15 Uhr die Spannung raus zu sein, ehe Pierre-Michel Lasogga mit seinem Treffer auf Schalke dem Hamburger SV neues Leben einhauchte.
Die Hanseaten sehen sich durch das 1:1 als vorläufiger Gewinner des Abstiegsdramas, haben sie es jetzt doch in eigener Hand, mit einem Sieg gegen den VfL Wolfsburg den direkten Klassenerhalt zu schaffen.
Doch ist die plötzliche Euphorie rund ums Volksparkstadion wirklich berechtigt? Und wie ist die Situation in Wolfsburg und Augsburg? SPORT1 beleuchtet die Ausgangslage der drei Teams vor dem Showdown am kommenden Samstag - und vernachlässigt dabei den FSV Mainz 05, der nur noch theoretisch um den Klassenerhalt zittern muss.
Von den drei Teams, die noch um den direkten Klassenerhalt kämpfen müssen, hat der FCA die besten Karten. Die Schwaben kämen nur bei einem HSV-Sieg noch einmal in die Bredouille - dann allerdings müsste die Elf von Cheftrainer Manuel Baum bei der TSG Hoffenheim richtig dagegenhalten.
Mit einem Sieg oder Unentschieden im Kraichgau wäre die Sache geritzt. Wegen des minimal besseren Torverhältnisses gegenüber dem VfL Wolfsburg würde sogar eine Niederlage mit einem Tor Differenz zum Klassenerhalt genügen.
"Ich habe keine Lust auf Rechenspiele: Wir wollen in Hoffenheim mindestens einen Punkt holen und dann ist alles gut", sagt Kapitän Daniel Baier. Alfred Finnbogason, Torschütze zum 1:1 gegen den BVB, stößt ins gleiche Horn: "Wir sind in einem guten Lauf und müssen keine Angst haben, wenn wir weiter so spielen."
Prognose: Den Augsburgern ist in ihrer momentanen Verfassung auch bei den heimstarken Hoffenheimern etwas Zählbares zuzutrauen. Rechtzeitig zur Endphase der Saison haben sie die zweite Luft bekommen - und scheinen selbst im Falle eines HSV-Sieges für einen Gegenschlag gerüstet.
Die Wölfe wollten den Showdown in Hamburg unter allen Umständen vermeiden - doch das 1:1 gegen Gladbach war zu wenig, um sich aller Sorgen zu entledigen. Zumindest ein Remis muss nun im Volksparkstadion her, um das Minimalziel, den direkten Klassenerhalt, zu erreichen.
"99 Prozent der Deutschen haben sich dieses Spiel gewünscht, wir nicht", sagte Mario Gomez, der den Ausgleich gegen die Fohlen erzielt hatte. Gleichzeitig schickte er aber auch eine Botschaft Richtung Alster: "Wir müssen jetzt einfach den Sack zumachen. Der Druck liegt beim HSV, er muss gewinnen - wir werden das in Hamburg schaffen."
Für Verwunderung sorgte vor allem der mutlose Auftritt des VfL gegen die Borussia in der Schlussphase, in der die Niedersachsen durch die Spielunterbrechung eigentlich einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz hatten.
"Die Spielweise kann ich überhaupt nicht verstehen", kritisierte SPORT1-Experte Thomas Strunz im Doppelpass. "Sie wären mit einem Sieg gerettet gewesen. Und eine Niederlage hätte nichts geändert. Dann hätten sie trotzdem ein Endspiel gegen den HSV gehabt. Ich hätte mir mehr Risiko gewünscht."
Prognose: Wenn den Wölfen das Wasser bis zum Hals steht, rufen sie auf einmal ihr Top-Level ab. "Dann haben wir plötzlich eine Aggressivität drin, dann sind plötzlich Wille und spielerische Klasse da", wundert sich Gomez. Mit einem finalen Kraftakt wird die Jonker-Elf im "Finale" von Hamburg den Klassenerhalt perfekt machen.
Die Hanseaten zeigen sich als Dino mit sieben Leben. "Das ist Wahnsinn - aber an das HSV-Glück hat man sich mittlerweile schon gewöhnt", kommentierte Strunz das unglaubliche Finale beim 1:1 in Gelsenkirchen, bei dem der HSV auch vom nicht gegebenen Tor von Sead Kolasinac profitierte.
"Wenn Pierre-Michel Lasogga den Ball normal nimmt, trifft er wahrscheinlich Sead Kolasinac auf der Torlinie", mutmaßte Strunz über den Ausgleichstreffer. "So schießt er sich irgendwie selbst an und deswegen über den Verteidiger drüber. Damit haben sie wieder zumindest die Relegation sicher."
Reiner Calmund glaubt mittlerweile an höhere Mächte. "Wenn man den Saisonstart und das Spiel auf Schalke gesehen hat, können sie dem Fußballgott danken, dass sie noch zwei Matchbälle haben. Das ist wie ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl", sagte der frühere Manager von Leverkusen im Doppelpass.
Weniger von Glück sprachen dagegen die Verantwortlichen der Rothosen - auch wenn Sportchef Jens Todt zugab, dass Lasogga den Ball "reingemurmelt" habe. "Wir sind noch nicht durch. Wir haben nur die Voraussetzungen geschaffen, dass wir es schaffen können", sagte Trainer Markus Gisdol.
Dass sich der HSV schon darüber freut, überhaupt noch ein "Finale" um den direkten Klassenerhalt zu bekommen, zeigt jedoch seine Misere. "Wenn man die ganze Saison sieht, muss man sagen, dass der HSV zurecht dort steht, wo er steht", findet Strunz. "Es ist eigentlich ein Wahnsinn, dass sie es schon wieder schaffen können."
Prognose: Der Dino wankt, aber wahrscheinlich fällt er wieder nicht - auch wenn es über die Relegation geht. Dort warten wohl formschwache Braunschweiger, die am Sonntag in Bielefeld mit 0:6 untergingen.