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Nach dem "Fall Werner": Wie gut sind Deutschlands Schiedsrichter?

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Nach dem "Fall Werner": Wie gut sind Deutschlands Schiedsrichter?

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"Es gibt keine Typen mehr"

Wie gut sind Deutschlands Schiedsrichter im internationalen Vergleich? Ex-Referee Bernd Heynemann stärkt die Kollegen, formuliert aber auch eine Grundsatzkritik.
Bernd Heynemann, Mark Clattenburg, Bastian Dankert
Bernd Heynemann, Mark Clattenburg, Bastian Dankert
© SPORT1-Grafik: Eugen Zimmermann / Getty Images
Nico Seepe
Nico Seepe
von Stefan Rommel

Der "Fall Timo Werner" beschäftigt die Fans in Deutschland auch noch zwei Tage danach. Und er stößt eine längere Zeit verschwundene Diskussion wieder an, verbunden mit der Frage: Wie gut sind die deutschen Schiedsrichter wirklich?

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Die Statistik belegt, dass die Unparteiischen in dieser Saison bisher einen sehr ordentlichen Job machen. Bastian Dankerts Interpretation der Elfmeterszene war die erste gravierende Fehlentscheidung der Spielzeit.

Ordentliche Statistikwerte 

Zwölf Spieltage lang gab es zwar immer wieder Fehler zu konstatieren, ein Irrtum dieses Ausmaßes aber war bisher noch nicht dabei. Überhaupt liegt die Quote von 31 Fehlentscheidungen in den bisher absolvierten 117 Spielen bemerkenswert niedrig. Zum Vergleich: Nach 13 Spieltagen der Vor-Saison wurden damals bereits 50 Fehlentscheidungen notiert.

Darunter unter anderem auch das Phantom-Foulspiel von Augsburgs Markus Feulner gegen Bayerns Douglas Costa am 4. Spieltag, das Knut Kircher ahndete und den Augsburgern noch einen wohlverdienten Punkt in München entriss.

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Gottschalk: "Dankert nicht bundesligareif!"
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Allerdings: Nach einem sehr guten Start mit nur acht schweren Fehlern nach sechs Spieltagen kamen an den letzten sieben Spieltagen 23 dazu, also im Schnitt rund drei pro Spieltag. Unglücklicherweise lieferte Dankert nach seinem Fauxpas vor rund einem Jahr beim nicht geahndeten Handspiel des Hannoveraners Leon Andreasen jetzt schon wieder den großen Aufreger der Saison.

Schwierige Gemengelage für Dankert

Im Ablauf der Entscheidungsfindung hat sich Dankert wenig zu Schulden kommen lassen, meint Alex Feuerherdt, der Kopf des Schiedsrichter-Podcasts "Collinas Erben" und als Schiedsrichter-Lehrwart für die Aus- und Fortbildung der Referees in Köln zuständig, im Gespräch mit SPORT1.

"Es war eine Kontersituation, Dankert musste im Vollsprint hinterher und war am Ende circa 18 Meter entfernt. Näher kommt er in der Szene kaum noch hin. Die Beurteilung der Szene im Sprint ist weitaus schwieriger, als würde der Schiedsrichter stehen. Und er schaut von hinten drauf. Dann ist es oft eine Auswertung von Indizien in Sekundenbruchteilen. Und Dankert hat auch schnell entschieden", erklärt Feuerherdt.

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Nach Werner-Schwalbe: Linke fordert Videobeweis

Die Debatten um die Qualität der deutschen Schiedsrichter sind durch den Fehler aber längst wieder im Gange. Klar ist, dass Dankert trotz der Vorkommnisse "auch weiterhin grundsätzlich das Vertrauen der DFB-Schiedsrichter-Kommission genießt", wie es Feuerherdt ausdrückt.

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Aber: "Er steht auch nicht das erste Mal unter Beschuss. Das Andreasen-Handspiel, jetzt der Elfmeter in Leipzig. Die falsche Entscheidung hat ihn in der weiteren Spielleitung schon beeinflusst, das konnte man sehen. Daran muss man arbeiten."

Heynemann stärkt die Ex-Kollegen...

Der ehemalige Top-Schiedsrichter Bernd Heynemann will nach einer einzelnen Fehlentscheidung ebenfalls keinen Trend feststellen. "Ich denke nicht, dass diese eine Szene das deutsche Schiedsrichterwesen degradiert", sagt Heynemann SPORT1.

"Ich war letzte Woche auf Schalke beim Europa-League-Spiel gegen Nizza. Da hat ein FIFA-Schiedsrichter aus Aserbaidschan gepfiffen. Wenn das internationales Niveau ist, dann sind wir längst im Weltall unterwegs. Das Niveau der deutschen Schiedsrichter ist schon sehr gut."

Die Quervergleiche mit der legendären Schutzschwalbe von Andreas Möller Mitte der 90er Jahre lässt Heynemann auch nicht zu: "Wenn wir die Möller-Schwalbe von damals mit 100 Prozent ansetzen, dann liegt die Werner-Schwalbe bei maximal 50 Prozent. Es gab die Aktion mit Naldo, dann geht Fährmann zum Ball in den Zweikampf. Bei Möller war fünf Meter drumherum gar kein Gegenspieler zu sehen."

...und kritisiert die Ausbildung

Trotz allem Verständnis und Rückendeckung für Dankert in der konkreten Situation vom Wochenende formuliert der 62-Jährige aber auch einen großen Kritikpunkt.

"Bei der Europameisterschaft waren alle Topleute, darunter auch Felix Brych. Aber in der Breite der Spitze haben wir nicht mehr so viele Topleute wie früher. Da hatten wir drei oder vier, heute ist es einer, vielleicht zwei. Das zeigt sich auch daran, dass die großen Spiele Engländer, Spanier oder Italiener pfeifen - aber kein Deutscher mehr", so Heynemann.

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Ein Hauptgrund sei die Ausbildung der Spitzenschiedsrichter beim DFB. "In Deutschland wird zu viel nach dem Rasenmäher-Prinzip verwaltet: Alle müssen gleich sein, alle müssen funktionieren", sagt Heynemann.

"Natürlich müssen sich alle nach dem Regelwerk richten. Aber in der Spielleitung auf dem Feld kann man auch freier agieren. Da gibt es gibt keine Typen mehr, die Schiedsrichter sind austauschbar geworden. Und das ist überdenkenswert."