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Dirk Schuster, neuer Trainer des FC Augsburg, im SPORT1-Interview

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Dirk Schuster, neuer Trainer des FC Augsburg, im SPORT1-Interview

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Schuster erklärt Abschiedsmisstöne

Im SPORT1-Interview spricht Augsburgs neuer Trainer Dirk Schuster über Undiszipliniertheiten, sein Verhältnis zu Darmstadts Boss Rüdiger Fritsch und seinen neuen Job.
Dirk Schuster
Dirk Schuster
© Getty Images
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Dirk Schuster hat seinen Dienst bei seinem neuen Verein FC Augsburg angetreten.

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Die Vorfreude ist groß, der Klub beginnt als erster Bundesligist bereits am Montag mit der Vorbereitung. Schuster, der mit Darmstadt 98 in zwei Jahren von der Dritten in die Bundesliga aufgestiegen ist und dort nach der abgelaufenen Saison die Klasse hielt, tritt in die Fußstapfen des zu Schalke 04 abgewanderten Markus Weinzierl.

Schuster geht die neue Aufgabe selbstbewusst an. Im SPORT1-Interview spricht der 48-Jährige über den FCA, Ablösesummen bei Trainern und "Lilien"-Boss Rüdiger Fritsch.

SPORT1: Herr Schuster, wie waren die ersten Tage im neuen Umfeld?

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Dirk Schuster: Es war teilweise eine etwas komische Situation, weil ich immer noch mit Dingen aus Darmstadt konfrontiert wurde, egal ob es die Vertrags- oder die Wohnungsauflösung war. Außerdem kam immer wieder noch eine SMS aus Darmstadt, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte damit abzuschließen, um mich voll auf meine neue Aufgabe zu konzentrieren. Ich habe versucht, mich kopfmäßig umzustellen. Aber durch die kleinen Störfeuer musste ich gedanklich immer noch mal in den Rückwärtsgang schalten.

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SPORT1: Darmstadts Präsident Rüdiger Fritsch sagte, dass er enttäuscht ist über Ihren Abgang. Was entgegnen Sie dem?

Schuster: Mich interessiert nicht mehr, was der Präsident von Darmstadt 98 sagt. Das Kapitel ist abgeschlossen. Und wenn er noch eine Meinung zu meiner Person hat, dann kann er die gerne kundtun, aber ich muss das nicht respektieren. Das geht auf der einen Seite rein, auf der anderen Seite wieder raus. Ich habe nun eine neue Aufgabe und darauf freue ich mich. Natürlich hatten wir in Darmstadt gemeinsam dreieinhalb schöne und erfolgreiche Jahre und ich bin sehr dankbar, dass mir der Verein damals dieses Vertrauen schenkte. Das war eine Situation, bei der beide Seiten gewonnen haben. Dass irgendwann diese Ehe geschieden wird, war jedem klar. Das ist im Fußball so. Ich bin nicht der erste und auch nicht der letzte Trainer, der einen Verein vor Vertragsende verlassen möchte.

SPORT1: Wann gab es den ersten Kontakt mit Augsburg und wann dachten Sie: 'Da hätte ich Bock drauf'?

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Schuster: Der erste Kontakt kam nach dem letzten Spiel über meinen Berater zustande. Danach habe ich mir Gedanken gemacht und habe abgewogen, was dafür und was dagegen sprechen könnte. Bei meinen Überlegungen stand nicht das Geld im Vordergrund, sondern ich habe abgewogen zwischen dem, was ich in Darmstadt aufgeben würde mit dem tollen Team und der Entscheidungsgewalt, und dem, was in Augsburg auf mich warten wird. Auch der Punkt, beim FCA mit Stefan Reuter einen kompetenten Manager zu haben, hat mir gefallen. Ich habe mich einfach gefragt, was ich mit den "Lilien" noch erreichen kann? Da musste ich feststellen, dass der Klassenerhalt mit dem Klub das Optimum ist, denn mehr ist derzeit nicht möglich. Die Europa League mit Darmstadt halte ich für Utopie. Ich habe fast alles erreicht und deshalb habe ich entschieden zu gehen, als es am schönsten war.

SPORT1: Was ist am FCA besser als an Darmstadt?

Schuster: Ich möchte nicht sagen: Da das kleine Darmstadt und hier das Paradies Augsburg. Aber der Verein ist nach fünf Jahren ein gestandener Bundesligist. Da gibt es ein schönes Stadion, wirtschaftliche Stabilität, gute Infrastruktur und ein Team, das sehr viel Qualität hat. Der FCA steht solide da und da kann man etwas entwickeln. Es gibt noch sehr viel Arbeit und man kann den Klub nicht mit den ganz großen Vereinen vergleichen. Aber die Bedingungen sind um einiges besser als in Darmstadt.

SPORT1: Sie sagten, dass Sie unter gewissen Umständen sogar in Darmstadt geblieben wären. Wirklich?

Schuster: Ja. Es hätte ein Szenario geben können, dass ich bleibe. Ich hätte mir das gut vorstellen können. Der Präsident hätte früher mit mir reden sollen. Dieser Moment, dass ich mich für Darmstadt entschieden hätte, war gar nicht so unrealistisch. Die Anfrage aus Augsburg kam erst nach dem letzten Spiel und wir waren schon am 33. Spieltag gerettet. Das Zeitfenster war ziemlich eng, denn branchenüblich wäre es gewesen, einen erfolgreichen Mitarbeiter länger zu binden. Das ist in jedem Unternehmen so.

SPORT1: In den Fan-Foren gab es Ärger, weil Sie kurz vor ihrem Abschied noch die Treue zu den Lilien bekundet hatten.

Schuster: Ich habe gesagt, dass es im Fußball sehr schnell gehen kann und ich mich an Fakten halte, nämlich einen Vertrag bis 2018. Und dass viele Szenarien im Fußball denkbar sind. Ich habe nie gesagt, dass ich bis 2050 in Darmstadt Trainer bleiben werde. Dass nun der eine oder andere sauer ist und etwas hineininterpretieren möchte für sein Gewissen, das soll jeder für sich entscheiden.

SPORT1: Für Markus Weinzierl wurde Ablöse gezahlt, für Sie auch, für Ralph Hasenhüttl ebenso. Wie sehen Sie die Entwicklung, dass Trainer nun weggekauft werden?

Schuster: Ich finde das nicht bedenklich. Das gab es früher auch. Für Roger Schmidt hat Bayer Leverkusen auch eine Ablöse gezahlt, ebenso auch für Kosta Runjaic, den Duisburg in Darmstadt rausgekauft hatte. Wenn Begehrlichkeiten da sind, ist das auch eine Wertschätzung für die Arbeit eines Trainers. Es ist richtig, dass es in diesem Sommer etwas geballt kam, aber das wird sich alles wieder relativieren.

SPORT1: Sind Verträge nichts mehr wert?

Schuster: Das sehe ich nicht so. Der abgebende Klub ist nicht gezwungen, dem Wechsel zuzustimmen. Andererseits ist es auch ein lukratives finanzielles Geschäft für den Verein. Wenn ein Trainer wechselt, gibt es heutzutage nicht nur ein Butterbrot und einen Apfel dazu. Da werden ordentliche Summen gezahlt und dafür kann man in neue Spieler oder einen neuen Trainer investieren, was Darmstadt in meinem Fall auch gemacht hat. Diese Verträge bringen beiden Seiten eine Sicherheit. Ich sehe das nicht so dramatisch, dass Verträge nur noch Makulatur sind.

SPORT1-Reporter Reinhard Franke (r.) traf Dirk Schuster vor der Augsburger Puppenkiste
SPORT1-Reporter Reinhard Franke (r.) traf Dirk Schuster vor der Augsburger Puppenkiste

SPORT1: Wie sehen Sie Ihre Rolle beim FCA?

Schuster: Das primäre Ziel mit mir ist der Klassenerhalt. Aber ich will den Verein natürlich weiter in der Liga etablieren. Und ich möchte selbstverständlich eine gewisse Weiterentwicklung erreichen - im Klub und bei den Spielern. Ein Ziel Europa League zu stecken, ist absoluter Quatsch. In der Saison, wo das erreicht wurde, hat vieles gepasst, man hat am Limit gespielt und hatte auch das Quäntchen Glück. Da kam sehr viel zusammen. Das jetzt als Maßstab zu nehmen, wäre fatal. Der FCA ist gut beraten, wenn man sich realistische Ziele setzt. Nachjustieren kann man immer.

SPORT1: Hat Sie der Erfolg härter gemacht?

Schuster: Härter nicht, aber gelassener in Situationen, wo ich früher explodiert wäre. Ein dickeres Fell habe ich noch nicht gebraucht, denn allzu viele Dreck-Kübel wurden noch nicht über mir ausgegossen. Zum Glück war der Erfolg relativ konstant vorhanden. Ich bin nicht mehr so schnell auf der Palme und das ist auch gut so. Das liegt sicher auch am zunehmenden Alter.

SPORT1: Sie sagten, dass Sie Disziplin einfordern. Auf was müssen sich die Spieler gefasst machen?

Schuster: Ich achte auf Respekt und halte mich an ganz normale Verhaltensregeln, die mit Respekt, Akzeptanz und Ordnung zu tun haben. Das fängt beim Handschlag an. Man geht nicht einfach in die Kabine und setzt sich hin. Für mich ist es wichtig, jedem in die Augen zu schauen und Guten Morgen zu wünschen. Das geht weiter über einheitliche Kleidung und gutes Verhalten im Trainingslager. Nichts ist schlimmer als eine undisziplinierte Truppe.

SPORT1: Dann können Sie ungemütlich werden?

Schuster: Ja. Das sind meist körperliche Schmerzen. (lacht) Das hat schon auch mit einer lauteren Stimme zu tun. Fehler sind erlaubt, sie müssen nicht gleich Undiszipliniertheiten bedeuten. Ein Spieler ist dann undiszipliniert, wenn er taktische Anweisungen nicht einhält. Dann werde ich ungemütlich.

SPORT1: Hatten Sie überhaupt Zeit, sich von Ihren Ex-Spielern zu verabschieden?

Schuster: Nein. Das hätte ich gerne gemacht, aber das wollen wir im nächsten Monat nachholen. Es wird ein Grillfest geben, wo wir im Trainerteam mit den Jungs, den Mitarbeitern von der Geschäftsstelle und dem Präsidium beisammen sein werden. Da werden wir uns vernünftig verabschieden und zur Vordertür rausgehen.

SPORT1: Wird es dann auch das Bierchen mit Herrn Fritsch geben?

Schuster: Das lasse ich auf mich zukommen, aber da besteht von meiner Seite jetzt erst mal kein großes Interesse.