Gelsenkirchen - Mit dem Schlusspfiff ließ sich ein Großteil der Schalker erschöpft auf den Rasen fallen und schnaufte erst einmal durch. Ganz tief.
Schalke geht beim Siegen die Luft aus
Soeben hatten die Blau-Weißen den Tabellen-Zweiten VfL Wolfsburg mit 3:2 (3:1) (Bericht) bezwungen und selbst einen wichtigen Befreiungsschlag gelandet.
Die Gelsenkirchener wittern bei nur noch sechs Punkten Rückstand auf den VfL wieder Morgenluft. Die Champions-League-Plätze sind in greifbarer Nähe. (DATENCENTER: Ergebnisse und Tabelle)
Doch bei all der Euphorie: Die Partie offenbarte auch die Schwierigkeiten, welche die Gelsenkirchener weiter haben. Es waren die zwei Gesichter des FC Schalke.
Sehr starke erste Hälfte
Coach Roberto Di Matteo überraschte mit einer Fünferkette bei Ballbesitz des Gegners. Dabei schafften es die Königsblauen, die Defensive nicht zu vernachlässigen. Immer wieder suchte Schalke den Weg in die Offensive, wurde durch die Treffer des starken Eric-Maxim Choupo-Moting (10./22.) und Christian Fuchs (25.) belohnt.
"Wir haben gegen eine sehr starke Wolfsburger Mannschaft vor allem in der ersten Hälfte sehr guten Fußball gespielt", schwärmte der Trainer. "Die erste Halbzeit mit drei Toren war sehr, sehr gut."
Die Kräfte schwinden
Die zweite dann allerdings weniger. S04 hatte spürbar mit schwindenden Kräften zu kämpfen, schaffte es nur noch selten, sich von den 60 Minuten lang dominierenden Wolfsburgern zu befreien.
Durch Tore des unermüdlichen Ivica Olic (37.) und des langsam stärker werdenden Nicklas Bendtner (74.) kam der VfL so zurück - nur die Latte verhinderte bei einem Naldo-Kopfball in der Schlussminute ein Remis.
"Nach der Pause hat unser Gegner dann seine ganze Stärke gezeigt und unterstrichen, warum er so weit oben in der Tabelle steht", meinte Di Matteo. "Da haben sie sehr viel Druck aufgebaut."
Huntelaar verhungert im Sturm
Und sein Team Schwächen gezeigt. "Es ist uns nicht mehr so gut gelungen, noch Akzente nach vorne zu setzen, die Bälle zu halten und klare Bälle zu spielen", räumte Kapitän Benedikt Höwedes ein, der ebenso wie seine Mitspieler stehend k.o. wirkte. Doch eine neue Fitness-Debatte wollte der Kapitän nicht eröffnen. Doch das Problem war sichtbar, dass die Luft nicht für 90 starke Minuten reicht.
Die mangelnden Kräfte führten letztlich auch dazu, dass Schalke in der zweiten Halbzeit kaum noch einen Schuss auf das Wolfsburger Tor abgab. 9:17 Torschüsse, nur 38 Prozent Ballbesitz, 2:7 Ecken und 11:23 Flanken standen am Ende in der Statistik.
Klaas-Jan Huntelaar verhungerte im Sturmzentrum förmlich, war entsprechend frustriert. Der Niederländer wollte den wartenden Journalisten keine Fragen, marschierte schnurstracks durch die Mixed Zone Richtung Ausgang.
VfL-Coach Hecking genervt
Dieter Hecking dagegen war genervt. Die Frage nach dem Bayern-Jäger gehen dem Trainer der Wölfe sichtlich auf die Nerven. "Hört auf mit der Scheiße", fauchte er ins ARD-Mikrofon.
"Wir interessieren uns für Fußball, wir interessieren uns für die Bundesliga, also schauen wir auch auf die Ergebnisse", antwortete Manager Klaus Allofs mit einem gequälten Lächeln auf die Frage, ob er mit einem Auge auch auf das Ergebnis von Bayern München geschaut habe.
Reifeprüfung nicht bestanden
Das grundsätzliche Potenzial hatte sein zuvor in acht Pflichtspielen stets siegreiches Team auch in Gelsenkirchen angedeutet. Am Ende musste das Fazit jedoch lauten: Reifeprüfung nicht bestanden. "Wir haben nicht erwartet, ohne Niederlage durch die Serie zu kommen. Aber diese war unnötig", meinte Allofs.
Er ergänzte: "Eine bestimmte Phase lang waren wir richtig schlecht. Das zeigt, dass wir noch nicht immer alles richtig machen." Und so beträgt der Rückstand des Tabellenzweiten auf die Bayern nach dem zwölften Spiel schon sieben Zähler.
Allofs sah darin ganz offensichtlich ein Kopfproblem nach den Erfolgen und dem vielen Lob der vergangenen Wochen. "Es gilt immer wieder, die Sinne zu schärfen", erklärte er.
Der Sportchef war aber erfreut, dass seine Spieler die ersten Lehren umgehend gezogen hatten: "Wenn man die Reaktion in der zweiten Halbzeit gesehen hat, muss man sagen: Für unsere Entwicklung war es vielleicht gut, dass wir verloren haben."