Mönchengladbach - Lucien Favre ist nicht gut auf Hennes Weisweiler zu sprechen. Denn der Schweizer vergisst nicht.
Auf einer Stufe mit Hennes Weisweiler
Gute 31 Jahre ist es her, dass er den früheren Erfolgstrainer von Borussia Mönchengladbach traf, als Spieler von Servette Genf. Weisweiler war damals Trainer bei den Grasshopper Zürich. Und der heutige Gladbacher Erfolgstrainer erinnerte sich, als sei es gestern gewesen.
Weisweiler gewann mit Zürich ein wichtiges Heimspiel gegen Genf und holte später den Titel. Am Ende mit nur einem Punkt Vorsprung. Und erzwang im Pokalendspiel durch ein spätes Tor in der Verlängerung ein Wiederholungsspiel. Das Zürich mit 3:0 gewann.
"Ich habe schlechte Erinnerungen an ihn", sagte Favre. Und lachte.
Natürlich, nur ein Scherz. Denn es schwingt eine gehörige Portion Respekt, Anerkennung und Bewunderung mit, wenn Favre über die Trainer-Legende spricht: ?"Wir haben uns bei einem Spiel kurz unterhalten. Ich habe mich bei ihm bedankt, weil er mich zur Wahl des Spielers des Jahres in der Schweiz nominiert hat."
"Top-Trainer mit viel Charisma"
Die Wahl gewann Favre. "Er war ein Top-Trainer, mit viel Charisma. Ein Gentleman", erinnerte er sich.
Und bemerkte die ganzen Parallelen möglicherweise gar nicht. Auch Favre gilt als ausgewiesener Gentleman, als charismatisch und Fußball-fanatisch. "Er ist ein fantastischer Trainer, der unglaublich analytisch arbeitet", sagte Manager Max Eberl.
Ein Top-Trainer, der durch den 3:1-Sieg gegen die TSG Hoffenheim (Bericht) mit der Borussia auch im 17. Pflichtspiel in Folge ungeschlagen blieb und einen Uralt-Rekord einstellte (DATENCENTER: Ergebnisse und Tabelle). Aufgestellt 1970/71, in der Meistersaison. Unter Weisweiler.
Und das alles an seinem 57. Geburtstag.
Und jetzt sag noch einer, der Schweizer könne nicht genießen. Die Standing Ovations der Fans inklusive Geburtstagsständchen sog er sichtlich auf. Auch wenn ihm solche Auftritte im Mittelpunkt, alleine vor 50.000 Fans, eigentlich eher unangenehm sind (
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Doch Favre strahlte. Und flachste. Ein Glas Rotwein werde er sich noch genehmigen, kündigte er an. "Ich schaue aber keine DVDs mehr. Und wir werden heute auch nicht mehr trainieren", sagte er und lachte.
Auf einen freien Tag spekuliert
Stimmt. Dafür aber am Montag. "Wir haben natürlich auf einen freien Tag spekuliert. Aber so wie der Trainer ist, müssen wir auch am Montag trainieren", sagte Max Kruse im Skype-Interview im Mobilat-Doppelpack auf SPORT1.
Auch wenn die Mannschaft ihm das größte Geschenk an diesem Abend machte. "Speziell von uns hat er sich nur den Sieg gewünscht. Wir haben ihm den Sieg geschenkt. Das ist für den Trainer genug", sagte Kruse.
Und das, obwohl der nun 57-Jährige eigentlich nie wirklich zu 100 Prozent zufrieden ist. So auch nach dem Rekordspiel gegen Hoffenheim.
Da bemängelte er, dass man ein Gleichgewicht finden müsse. "Alle müssen Tore machen. Der letzte Pass, die letzte Bewegung ist manchmal nicht in Ordnung", monierte er. Wenn man tatsächlich ein Manko finden wollte, dann war es wohl die mangelnde Chancenverwertung.
Momentan treffen vor allem die Außen. Mal Ibrahima Traore, dann Thorgan Hazard, gegen Hoffenheim waren es Patrick Herrmann mit einem Doppelpack und Nationalspieler Andre Hahn.
Was wiederum zeigt: Gladbach ist variabel, schwer auszurechnen, unberechenbar und dazu in sich gefestigt. Und hat deshalb momentan oft die richtige Lösung parat. Da muss man sich auch gegen einen Angstgegner wie Hoffenheim keine Sorgen machen.
Selbstverständnis und Vertrauen
Die Borussia präsentiert sich derzeit mit einem Selbstverständnis, einem Vertrauen in die eigenen Aktionen und das eigene Können im Stil einer Spitzenmannschaft. "Das zeigt die Stabilität, die wir haben. Wir stehen im Moment zurecht da, wo wir stehen. Die Mannschaft wirkt sehr souverän und abgezockt", so Eberl.
So souverän und abgezockt, dass auch der Ausbau des Rekords fast nur noch eine Formsache zu sein scheint.
Am Donnerstag tritt Gladbach in der Europa League bei Apollon Limassol an, am Sonntag bei der Borussia aus Dortmund.
Pflichtsieg beim BVB?
Auf dem Blatt inzwischen sogar ein einfaches Spiel, schließlich steckt der BVB nach sieben Saisonniederlagen tief in der Krise und auf Abstiegsplatz 17. Als Tabellendritter ist das ja eigentlich sogar ein Pflichtsieg? "Schön wäre es. Die Tabellensituation spiegelt nicht im Absatz wider, was der BVB zu leisten im Stande ist", mahnte Kruse.
Und auf mögliche weitere Rekorde schaut der Trainer sowieso nicht.
"Der Rekord ist nicht wichtig. Unser Ziel ist es, die Mannschaft richtig zu stabilisieren. Wir haben noch viel zu tun, auch wenn die Mannschaft schon sehr, sehr gut ist", sagte Favre und gab zu, dass er die Geschichte der Borussia und damit die Rekordjagd gar nicht so viel verfolgt habe.
Was aber auch nicht wichtig ist. Denn Favre schreibt weiter fleißig an seiner eigenen Erfolgsstory.
Und vielleicht gibt er irgendwann sogar mal einen aus. Nicht nur Kruse würde das freuen. "Ich warte auch noch auf diesen Moment. Ich trinke keinen Alkohol, aber viele in der Mannschaft würden sich freuen, wenn er ein Bier spendiert."